Zurückweisung – Wikipedia

Die Zurückweisung ist im Ausländerrecht das Abweisen einer Person an der Grenze seitens der Behörden, die die Grenze eines Landes von außen überschreiten will.

Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der im Prinzip freie Grenzübertritt innerhalb der Staaten des Europarats ist in der Europäischen Menschenrechtskonvention (1950) verankert, trotzdem hat jeder Staat das Recht, unter gewissen Voraussetzungen Einreisende zurückzuweisen. Gründe für eine Zurückweisung sind Ausweislosigkeit, ansteckende Krankheiten, (wirtschaftliche) Mittellosigkeit, ein nationales oder supranationales Einreiseverbot oder wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt. Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung (Sofortvollzug).

Dazu gehört auch das Rechtsprinzip, dass die Bitte um die Einreise vor dem Übertritt zu erfolgen hat. Umgesetzt wird das allfällig über das Beantragen eines Visums. Als Sonderfall sind Asylanträge zu sehen, weil Flüchtlinge typischerweise keine Zeit haben, um ein Visum anzusuchen. Für die Europäische Union wird der Grundsatz im Dubliner Übereinkommen (1990), bzw. Dublin-II (1997) auf die ganze EU ausgedehnt. Eine Zurückweisung eines Asylantrags kann allein daher erfolgen, dass ein anderer Staat der EU für dessen Abwicklung zuständig ist.[1] Diese Auswirkung des Zurückweisungsrechts als im Prinzip legitimes Interesse eines Staates (bzw. der EU) auf die Flüchtlingspolitik wird aus humanitärer Sicht kritisch beurteilt.

Zurückweisungshaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Auffassung der Bundespolizei vom Juli 2018 ist eine Zurückweisungshaft möglich, wenn unerlaubt einreisende Personen nicht unmittelbar an der Grenze zurückgewiesen werden könnten. Demnach habe der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt, „dass im Fall der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen die Zurückweisung und damit auch die Zurückweisungshaft zulässig sind“. Nach einem BGH-Beschluss vom 12. April 2018 müssten „entgegen der nahezu einhelligen Auffassung im Schrifttum“ dafür keine weiteren Haftgründe vorliegen. Zudem betrachte die jüngste Rechtsprechung Zurückweisungshaft in diesen Fällen als gesetzlichen Regelfall. Einzige Voraussetzung sei, dass die angeordnete Einreiseverweigerung nicht sofort vollzogen werden könne. Dennoch bliebe die „Weisungslage zur Einreiseverweigerung“ seitens der Bundesregierung unberührt, nach der weiterhin von umfassenden Zurückweisungen an der Grenze abgesehen werde.[2]

Rechtsgutachten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einem Rechtsgutachten des Staatsrechtswissenschaftlers Hans-Jürgen Papier, das dieser 2018 für die FDP-Fraktion des Deutschen Bundestages fertigte, ist die Zurückweisung nicht nur rechtlich möglich, sondern zur Wahrung der Grundzüge des EU-Rechts auch geboten. Er verneinte, dass sich ein Asylbewerber ein Land innerhalb der EU für seinen Antrag auf Schutz aussuchen könne. Der Antrag dürfe vielmehr nur in dem EU-Land gestellt und geprüft werden, das zuerst betreten werde. Hierzu verwies er auf den Grundsatz, dass jeder Antrag auf Schutz von „einem“ Mitgliedsstaat geprüft werde, und das Ziel des EU-Asylrechts, eine illegale Weiterreise zu verhindern.[3][4]

Ein weiteres Rechtsgutachten, das der Staatsrechtswissenschaftler Udo Di Fabio 2016 im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung angefertigt hatte, sieht den Bund aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, „wirksame Kontrollen der Bundesgrenzen wieder aufzunehmen, wenn das gemeinsame europäische Grenzsicherungs- und Einwanderungssystem vorübergehend oder dauerhaft gestört ist“.[5]

Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff der Zurückweisung wird im Eingriffsrecht der Grenzbehörde verwendet. Sie beinhaltet das Abweisen eines Ausländers an einer internationalen Grenze durch die Bundespolizei.

Jede Zurückweisung an deutschen Grenzen wird im Ausländerzentralregister erfasst und im Reisepass vermerkt.

Rechtsgrundlagen sind je nach Fall § 18, § 18a Asylgesetz und § 15 Aufenthaltsgesetz.

Stationäre Grenzkontrollen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stationäre Grenzkontrollen wurden im Zuge der Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 und in ihrem Nachgang von deutschen Politikern als Mittel zur Zurückweisung solcher Migranten vorgeschlagen, die aus einem vermeintlich sicherem Drittstaat, wie einem Staat der Europäischen Union, einreisen um in Deutschland Asyl zu beantragen. Eine tatsächliche Zurückweisung ist jedoch nur möglich, wenn der Ausländer, der sich Zutritt zum Bundesgebiet verschaffen will, hier keinen Asylantrag stellen will. Gibt die Person an, einen Asylantrag stellen zu wollen, muss sie in eine Erstaufnahmeeinrichtung im Bundesgebiet gebracht werden, egal aus welchem Nachbarland sie einreist. Personen die kein Asyl beantragen wollen, können auch nur dann zurückgewiesen werden, wenn Deutschland ein vor 2008 geschlossenes bilaterales Abkommen mit dem Nachbarland hat, aus dem sie einzureisen versuchen.[6]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Zurückweisung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Verhältnis von Dubliner Übereinkommen und EMRK. Erkenntnis VwGH 2002/20/0582 vom 31. März 2005.
  2. Manuel Bewarder: Asylstreit: Bundespolizei hält Inhaftnahme an Grenze für zulässig, WeltN24, 30. Juli 2018.
  3. Birgit Marschall, Gregor Maintz: Verfassungsrechtler Papier stützt Seehofer im Asylstreit. Rheinische Post, 30. Juni 2018, abgerufen am 30. Juni 2018.
  4. Papier hält Zurückweisung an deutscher Grenze für zwingend geboten. Die Welt, 30. Juni 2018, abgerufen am 30. Juni 2018.
  5. Reinhard Müller: Di Fabio liefert Seehofer weitere Munition gegen Merkel. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. Januar 2016, abgerufen am 1. Juli 2018.
  6. Mina MArschall: "Was bringen stationäre Grenzkontrollen – und was nicht?" FAZ vom 27. September 2023