Wilhelm Herrmann – Wikipedia

Das Grab von Wilhelm Herrmann und seiner Ehefrau Emilie ("Milly") geborene Bergmann im Familiengrab auf dem Hauptfriedhof Marburg

Johann Georg Wilhelm Herrmann (* 6. Dezember 1846 in Melkow; † 2. Januar 1922 in Marburg an der Lahn[1]) war ein deutscher evangelischer Theologe.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm Herrmann (der Jüngere) wurde als Sohn eines Pfarrers geboren. Er besuchte das Gymnasium in Stendal.

Ab Winter 1866 studierte Herrmann an der Universität Halle Evangelische Theologie und wurde August Tholucks Amanuensis, fungierte also als dessen Schreibgehilfe oder Sekretär, eine Tätigkeit, die mit einem Stipendium verbunden war. Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 leistete er als Freiwilliger Kriegsdienst und legte anschließend das erste theologische Examen ab. In den folgenden Jahren war er erst als Hauslehrer in Unseburg (Kreis Wanzleben) und ab 1874 als Lehrer am Stadtgymnasium in Halle tätig.

Schon früh widmete er sich philosophischen Studien. Maximilian Besser (1844–1900), zu jener Zeit als Privatdozent der Evangelischen Theologie an der Hallenser Universität tätig und vor Herrmann Tholucks Sekretär, machte ihn auf Albrecht Ritschls Hauptwerk Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung. 1870–1874, aufmerksam. Anfang 1875 legte Herrmann seine theologische Lizentiatenprüfung ab und habilitierte sich mit einer Studie über Gregorii Nysseni sententiae de salute adipiscenda, 1875.

Am 22. Januar 1875 schrieb er in einem Brief an Ritschl, welchem Schreiben er seine Lizentiatendissertation beilegte: „Seitdem ich mit Besser in näherem Verkehre stehe, hat er nicht abgelassen, mich auf Ihre Schriften hinzuweisen als ein Mittel, mich aus dem Bann der Bildung, die ich mir teils in der Übereinstimmung, teils in dem Gegensatze zu Halleschen Anregungen erworben habe, zu befreien. Mich in ihren Schriften einzuleben, ist seitdem die eine wissenschaftliche Aufgabe, die ich mir selber gestellt habe.“ Maximilian Besser, „ungewöhnlich regsamen Geistes“ und allem Neuen zugetan, sei in Halle der eigentliche Stifter der so genannten Ritschlschen theologischen Schule gewesen, schrieb Ferdinand Kattenbusch (1851–1935) in seiner Autobiographie.[2] Herrmann gab 1877 seine Schulstelle auf, um als Privatdozent zu lehren. 1879 wurde er als ordentlicher Professor mit der Lehrerlaubnis für systematische Theologie an die Universität Marburg berufen. Diese wurde die Stätte seiner Lebensarbeit und er blieb ihr, trotz mehrfacher Berufungen auf Lehrstühle anderer namhafter Universitäten, treu. In Marburg beschränkte sich sein Wirken nicht auf akademische Lehre, auch in anderen Funktionen war Herrmann an der Universität tätig: Von 1881 bis 1910 war er Ephorus der Hessischen Stipendiatenanstalt. Der theologischen Fakultät diente er im Laufe seiner Karriere sechsmal als Dekan (1882, 1889, 1894, 1901, 1906, 1914). Außerdem amtierte Herrmann 1890 amtierte er als Rektor der Universität.[3] Anlässlich seines 70. Geburtstags verlieh ihm die Juristische Fakultät der Universität Marburg die Ehrendoktorwürde.[4] Bereits 1880 wurde ihm hier ein Dr. phil. h. c. verliehen. Weitere Ehrendoktorwürden erhielt Herrmann von einer Universität in Chicago (Dr. legum) sowie der Universität Christiana in Oslo (D. theol.).

Herrmann war unter den Schülern Ritschls derjenige, der dessen Theologie am selbstständigsten weiterbildete. Theologen verschiedenartiger Auffassungsweisen wie Karl Barth (1886–1968) und Rudolf Bultmann (1884–1976) verdankten ihm entscheidende Anregungen. Neben Barth und Bultmann gehörte der als theologischer Lutherforscher bekannte schwedische Bischof Einar Billing (1871–1939) zu seinen bedeutenderen Schülern.

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Religion im Verhältniß zum Welterkennen und zur Sittlichkeit, Niemeyer, Halle 1879; Nachdruck: Olms, Hildesheim 2005.
  • Ethik, Spenner, Waltrop 2002

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. siehe Hessisches Staatsarchiv Marburg (HStAMR), Best. 915 Nr. 5718, S. 44 (Digitalisat).
  2. Abgedruckt in: Die Religionswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen. Herausgegeben von Erich Stange. Band 5: Martin Dibelius, Paul Feine, Ferdinand Kattenbusch, Emil Walter Mayer, Willy Staerk, Paul Wernle. Verlag Felix Meiner. Leipzig 1929, S. 85–121.
  3. Rektoratsreden (HKM)
  4. Deutsche Litteraturzeitung. 38. Jahrgang, Nr. 2, 13. Januar 1917, S. 50.