Who Am I – Kein System ist sicher – Wikipedia

Film
Titel Who Am I – Kein System ist sicher
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2014
Länge 105[1] Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Baran bo Odar
Drehbuch Baran bo Odar,
Jantje Friese
Produktion Quirin Berg,
Max Wiedemann
Musik Michael Kamm,
Jaro Messerschmidt
Kamera Nikolaus Summerer
Schnitt Robert Rzesacz
Besetzung

Who Am I – Kein System ist sicher ist ein deutscher Thriller des Regisseurs Baran bo Odar aus dem Jahr 2014. Der Film spielt in Berlin und handelt von einer Hackergruppe, die global auf sich aufmerksam machen will.[3] Der Titel des Filmes ist eine Anspielung auf das Unix-Kommando whoami, das auf Betriebssystemebene den Namen des Benutzerkontos ausgibt.

Der Film wurde in der Kategorie Contemporary World Cinema auf dem Toronto International Film Festival 2014 uraufgeführt.[4] Der Kinostart in Deutschland war am 25. September 2014.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der gesuchte Hacker Benjamin Engel alias WhoAmI hat sich der Polizei gestellt, will aber nur mit der vom Dienst suspendierten Europol-Ermittlerin Hanne Lindberg sprechen. Dieses Gespräch von Benjamin mit Lindberg in einem Verhörraum bildet die Rahmenhandlung des Films, während seine Geschichte in Rückblenden dargestellt wird.

Der unscheinbare Benjamin hat eine schwere Kindheit. Sein Vater verließ seine Mutter vor Benjamins Geburt, und seine Mutter nahm sich das Leben, als Benjamin acht Jahre alt war. Seitdem lebt er bei seiner Großmutter. Aus dem Gefühl heraus, in der realen Welt von keinerlei Bedeutung zu sein, findet er schließlich in der virtuellen Welt sein Talent und seine Bestimmung und lebt dies mit kleinen Hackerangriffen aus. Sein großes Vorbild im Darknet ist der Star-Hacker MRX, von dem Benjamin drei Leitsätze lernt: 1. Kein System ist sicher, 2. Strebe nach dem Unmöglichen und 3. Begrenze deinen Spaß nicht nur auf die virtuelle Welt.

Als Pizzabote trifft Benjamin Marie wieder, in die er während der Schulzeit verliebt war und die mittlerweile Jura studiert. Beiläufig erwähnt sie, dass sie die Prüfungsfragen aus den Servern der Universität brauchen könnte. Benjamin schleicht sich daraufhin in den Serverraum und hackt sich in den Uni-Computer ein, doch er wird gefasst und zu Sozialarbeit verurteilt. Dabei trifft er den charismatischen Max, der sofort auf eine Zusammenarbeit erpicht ist, als er von Benjamins Programmierfähigkeiten erfährt. Bei einer Party stellt Max Benjamin seinen beiden Freunden Stephan und Paul vor, die ihn auffordern, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Also hackt Benjamin sich in die städtische Stromversorgung ein und schaltet für kurze Zeit der ganzen Straße den Strom ab.

Kurz darauf muss Benjamins an Demenz erkrankte Großmutter in ein Altersheim, wodurch ihr Haus von nun an der vierköpfigen Hackergruppe als Hauptquartier dient. Bei der Suche nach einem Namen für die Gruppe bringt Benjamin den Vorschlag CLAY ein, der generelle Zustimmung findet. Er steht für Clowns laughing at you und lehnt sich an die im Hackerbereich weitverbreiteten Maskierungen an. Getrieben von Max’ Suche nach Anerkennung durch MRX führt die Gruppe zunehmend Angriffe mit gesellschaftskritischen Motiven in komplexen Unternehmen und Organisationen aus – so fallen unter anderem die rechtsradikale Partei NBD sowie ein großer Pharmakonzern CLAY zum Opfer. Trotz großer Aufmerksamkeit in den Medien und sozialen Netzwerken bleibt die erhoffte Bewunderung durch MRX aus, er macht sie sogar zur Zielscheibe des Cybergespötts. Der wütende Max fordert einen Angriff, der ihre bisherigen Grenzen um ein Vielfaches übersteigt, woraufhin Benjamin den als unangreifbar geltenden Bundesnachrichtendienst (BND) als nächstes Opfer vorschlägt. Die Aktion gelingt durch die Arbeitsteilung der Gruppe einwandfrei, jedoch stiehlt Benjamin neben seinem eigentlichen Auftrag noch streng vertrauliche Daten.

Als Max bei der anschließenden Party Marie küsst, wendet sich der eifersüchtige Benjamin wutentbrannt von ihm ab. Ohne Wissen der anderen übergibt er die gestohlenen Daten im Darknet an MRX. Einen Tag später wird der Hacker Krypton, ein Mitglied der russischen Cybermafia-Hackergruppe FR13NDS, ermordet im Wald aufgefunden. Es stellt sich heraus, dass Krypton ein Maulwurf des BND und seine Identität in den entwendeten Daten enthalten war. Offensichtlich hat MRX die Informationen an die FR13NDS verkauft. Die Ermittler des BND führen den Mord auf CLAYs Hackerangriff zurück und schalten die dänische Europol-Ermittlerin Hanne Lindberg ein, die bereits seit drei Jahren vergeblich versucht, den FR13NDS das Handwerk zu legen. Um CLAY wieder aus dem Fokus der Öffentlichkeit zu nehmen, sieht Benjamin nur die Möglichkeit, MRX und die FR13NDS den Behörden auszuliefern.

Bei einer Onlinesitzung mit MRX drückt dieser endlich seine Anerkennung aus und erteilt den Vieren den Auftrag, in der Zentrale von Europol einen Trojaner zu installieren. Während der Sitzung werden sie von Lindbergs Ermittlerteam geortet, können jedoch noch rechtzeitig fliehen. Nach ihrem erneuten Misserfolg wird Lindberg suspendiert und durch Martin Bohmer vom BKA ersetzt. Um ihre Spuren zu verwischen, stecken die Vier das Haus von Benjamins Großmutter in Brand. In Den Haag schaffen sie es trotz mehrerer Versuche zunächst nicht, in die Europol-Zentrale zu gelangen. Erst ein Trick Benjamins ermöglicht ihm den Eintritt und er kann einen manipulierten WLAN-Zugangspunkt in der Kantine unterbringen, mit dem sie Fernzugang auf die Europol-Server erhalten. Über einen eigens entworfenen Trojaner, der im Trojaner von MRX versteckt ist, wollen sie ihrerseits Zugriff auf MRXs Computer und damit zu seiner Identität erhalten. Doch MRX hat ihren Trick durchschaut und zuvor Benjamins Standort ausspioniert. Zwei bewaffnete FR13NDS-Killer verfolgen ihn bis in die U-Bahn-Tunnel, wo er ihnen entkommen kann. Als er in ihr Hotelzimmer zurückkehrt, findet er Max, Stephan und Paul erschossen auf.

Damit ist die in Rückblenden erzählte Geschichte Benjamins in der Gegenwart der Rahmenhandlung angekommen. Benjamin bietet Lindberg an, ihr MRX zu liefern, um im Gegenzug ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen zu werden. Trotz Bohmers Warnung willigt Lindberg ein. Benjamin gibt sich im Darknet als MRX aus und bekennt sich zu dessen Verrat an Krypton. Der erboste MRX fällt darauf herein und ermöglicht Benjamin so die Rückverfolgung seiner Spur, so dass der gesuchte Hacker in New York festgenommen werden kann.

Lindberg, die nun rehabilitiert ist, erinnert sich inzwischen an einige Ungereimtheiten in Benjamins Erzählung und stellt Nachforschungen an. Sie findet das vermeintlich abgebrannte Haus unversehrt, die drei vermeintlichen Leichen sind nicht auffindbar und Marie sagt aus, Benjamin seit der Schulzeit nicht mehr getroffen zu haben. Vom Psychiater von Benjamins Mutter erfährt sie, dass Benjamin deren Veranlagung zu dissoziativer Identitätsstörung geerbt haben könnte. Daher vermutet sie nun, dass Max, Stephan und Paul nur in Benjamins Phantasie existierten und er alleine CLAY sei. Sie konfrontiert ihn damit und erklärt ihm, dass er mit einer psychischen Störung für das Zeugenschutzprogramm nicht zugelassen werde. Benjamin fürchtet, von FR13NDS getötet zu werden. Lindberg gibt ihm daher die Gelegenheit, sich in die Software für das Zeugenschutzprogramm zu hacken. Dort legt Benjamin sich eine neue Identität zu. Daraufhin lässt Lindberg ihn frei.

Abschließend befindet sich Benjamin auf einer Fähre in Richtung Kopenhagen, als Max, Stephan, Paul und Marie an Deck erscheinen. Gemeinsam freuen sie sich darüber, wieder „unsichtbar“ zu sein. In Rückblenden wird die doppelte Wendung aufgelöst: Nach Benjamins Flucht vor den FR13NDS-Killern ersonnen sie zusammen den waghalsigen Plan, Lindberg zu täuschen, um so Benjamin die Gelegenheit zu geben, die Manipulation im Zentralregister durchzuführen und ihre Identitäten zu ändern. Auf Pauls Frage, was passieren würde, wenn Lindberg ihren Trick entdeckt, antwortet Benjamin, dass sie das schon habe, aber sie habe bekommen, was sie wollte.

Produktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Dreharbeiten der Wiedemann & Berg Filmproduktion fanden von Oktober bis Dezember 2013 in Berlin[5] und Rostock statt.

Anspielungen und Parallelen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die erste Aktion von Clay richtet sich gegen die rechte Partei NBD, eine Anspielung auf die NPD. Clay schiebt ihnen auf ihrer Partei-Versammlung einen verunglimpfenden Hitler-Werbespot unter, der vor den Parteigenossen gezeigt wird.
  • Die Hauptfigur des Films Fight Club hat eine dissoziative Identitätsstörung, wie Benjamin scheinbar ebenfalls. In Benjamins Zimmer hängt ein Fight-Club-Filmplakat.
  • In der Mitarbeiterliste des BND sind neben den echten Namen der Personen ihre „Nicknamen“ zu finden. Diese stammen aus den DC-Comics- und Marvel-Comics-Universen (z. B. Krypton).
  • Als Benjamin kurz vor seiner Freilassung mit Hanne Lindberg im Auto sitzt, ist kurz eine Person im Hintergrund zu sehen, die das Geschehen beobachtet. Dies führte zu Spekulationen um einen zweiten Teil. In einem Interview verriet Odar: „Als er ihr im Auto den Trick erklärt und die Zuckerwürfel hinlegt, sieht man im Hintergrund jemanden mit einer CLAY-Maske stehen, der da eigentlich gar nichts zu suchen hätte. Damit will ich klar machen: Er ist und bleibt schizophren und erschafft sich Figuren, die eigentlich gar nicht da sind.“[6]
  • In einem Interview bestätigte Odar, er habe die Rolle von Hannah Herzsprung so inszeniert, dass sie die Jungs niemals richtig wahrnimmt oder zu ihnen schaut. Ebenso gesteht Odar: „Für mich gibt es die Typen bis zum Schluss nicht.“[6] Er lässt die Frage nach der Existenz der Freunde aber für den Zuschauer offen. Die Frage, ob Benjamins Freunde nun echt sind oder Einbildung, ist somit auch zum Schluss nicht geklärt.
  • Im Film taucht mehrfach das Bild „Die verbotene Reproduktion“ (La reproduction interdite, 1937) des belgischen Surrealisten René Magritte auf. So hängt eine Kopie im Büro des Arztes, der Benjamins Großmutter behandelt. In der Szene nach dem BND-Hack, in der die Protagonisten ihren Erfolg feiern, tritt das Motiv erneut auf. Man sieht Benjamin von hinten vor einem Spiegel in der Toilette stehen. Im Spiegel sieht man allerdings nicht sein Spiegelbild, sondern, genau wie in „Die verbotene Reproduktion“, seinen Rücken.
  • In den Credits am Ende des Films wird im Hintergrund der Programmcode der Software Back Orifice eingeblendet, einer Fernwartungssoftware, die allgemein als Rootkit und damit als Werkzeug von Hackern gilt.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Kinostart am 25. September 2014 erreichte der Film in Deutschland über 800.000 Zuschauer. In Russland hatte er knapp 100.000 Kinobesucher.[7] Am 16. April 2015 erschien er auf DVD und Blu-ray Disc.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Who Am I ist der erste deutsche Thriller seit den 1980er Jahren, der den ersten Platz der deutschen Kinocharts belegt hat (letztmals Schimanski-Krimi).[8] Der Film wurde über die SchulKinoWochen als Thema für die Unterrichtsfächer Deutsch, Politik, Sozialkunde, Ethik, Informatik, Philosophie und Psychologie ab der 8. Schulklasse vorgeschlagen.[9]

Für den Regisseur Baran Bo Odar war Who Am I auch ein persönlicher Erfolg. Wenig später erhielt er das Angebot, in Hollywood die Neuverfilmung Sleepless – Eine tödliche Nacht mit Jamie Foxx und Michelle Monaghan zu drehen. Das Filmstudio Warner Bros plant ein US-amerikanisches Remake von Who Am I zu produzieren.[10]

Kritiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Film wurde positiv aufgefasst. So erhielt er ein Rating von 7,5 auf IMDb.[11]

„Schnell, smart, witzig. Tom Schilling und Elyas M’Barek in Bestform. So souverän wie der Hacker-Thriller Who Am I – Kein System ist sicher kam das deutsche Kino schon lang nicht mehr um die Ecke.“

Who Am I – Kein System ist sicher ist trotz einiger Schwächen ein vor allem in der zweiten Filmhälfte durchaus sehenswerter, wendungsreicher Thriller.“

Auszeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Freigabebescheinigung für Who Am I – Kein System ist sicher. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, November 2014 (PDF; Prüf­nummer: 146 900 V).
  2. Alterskennzeichnung für Who Am I – Kein System ist sicher. Jugendmedien­kommission.
  3. Berlin hat seinen Cybercrime-Thriller, Zeit Online, 24. September 2014
  4. TIFF Adds 'Clouds of Sils Maria' and 'Two Days, One Night,' Reveals 5 More Lineups. In: Indiewire. Abgerufen am 28. August 2014.
  5. Who Am I – Kein System ist sicher. In: Blickpunkt:Film. Abgerufen am 18. Juli 2018.
  6. a b „Who Am I“ — der singende, tanzende Abschaum der Onlinewelt, Lisa Ludwig (24. September 2014), Vice, abgerufen am 31. Juli 2018
  7. Who Am I – Kein System ist sicher. In: LUMIERE Datenbank für europäische Kinobesucherzahlen. Abgerufen am 14. Juli 2018.
  8. Kinocharts Deutschland: Doppelspitze Sony, Blickpunkt: Film (29. September 2014), MediaBiz, abgerufen am 25. April 2015.
  9. Christian Horn: Who Am I – Kein System ist sicher (Memento des Originals vom 11. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.visionkino.de, Vision Kino, Filmangebot der Schulkinowochen, 1. September 2014, abgerufen am 25. April 2015.
  10. Ines Walk: Deutscher Hacker-Erfolg – Who am I erhält US-Remake, Moviepilot 25. Oktober 2014, abgerufen am 25. April 2015.
  11. Who Am I (2014) - IMDb. Abgerufen am 3. September 2021 (amerikanisches Englisch).
  12. Kritik von Hannah Pilarczyk auf Spiegel Online, abgerufen am 29. September 2014.
  13. Kritik der Filmstarts-Redaktion auf Filmstarts.de, abgerufen am 26. September 2014.
  14. Deutscher Kamerapreis für Nikolaus Summerer. Deutscher Kamerapreis, abgerufen am 14. Juli 2018.
  15. Film Info: Who Am I – Kein System ist sicher. German films, abgerufen am 18. Juli 2018.