Sverigedemokraterna – Wikipedia

Sverigedemokraterna
Die Schwedendemokraten
Partei­vorsitzender Jimmie Åkesson
Gründung 6. Februar 1988
Hauptsitz Stockholm
Ausrichtung Rechtspopulismus
Nationalismus
Nationalkonservatismus
EU-Skepsis
Farbe(n) Blau, Gelb
Jugendorganisation Ungsvenskarna Sverigedemokratisk Ungdom (SDU)
Zeitung SD-Kuriren
Sitze Reichstag
73 / 349 (20,9 %)
Mitglieder­zahl 33,207[1]
Sitze EU-Parlament
3 / 21 (14,3 %)
Europapartei Partei Europäische Konservative und Reformer (EKR)
EP-Fraktion EKR
Website sd.se

Sverigedemokraterna (kurz SD, deutsch: Die Schwedendemokraten) sind eine 1988 gegründete rechtspopulistische Partei in Schweden. Parteivorsitzender ist seit 2005 Jimmie Åkesson, sein Vorgänger war ab 1995 Mikael Jansson. Seit der Parlamentswahl 2010 sind die SD im schwedischen Reichstag vertreten.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Parteilogo bis 2013

Die Wurzeln der SD liegen in der rassistischen und rechtsextremistischen[2][3] Bewegung Bevara Sverige Svenskt (deutsch etwa: „Schweden soll schwedisch bleiben“), die sich 1986 mit der Framstegsparti (deutsch „Fortschrittspartei“) zur Sverigepartiet (deutsch „Schwedenpartei“) zusammenschloss. An ihrer Spitze stand zunächst Stefan Herrmann, der ehemalige Vorsitzende der Framstegspartiet, der aber im Oktober 1987 aus der Sverigepartiet ausgeschlossen wurde. Daraufhin riefen Herrmann und seine Anhänger erneut die Framstegspartiet ins Leben, während sich der Rest der Sverigepartiet 1988 als Sverigedemokraterna ebenfalls neu gründete.[4]

1995 kam es mit der Wahl von Mikael Jansson zum neuen Parteivorsitzenden dann jedoch zu einer fundamentalen Neuausrichtung der Schwedendemokraten: Anders als die bis dato führenden Köpfe der Partei waren Jansson, dessen politische Sozialisierung ihren Ursprung in der Centerpartiet fand, in seiner Biographie keine Verbindungen zu einschlägig rechtsextremen Organisationen nachzuweisen. Seine Gesinnung orientierte sich eher am österreichischen Rechtspopulismus à la Jörg Haider, vom klassischen Rechtsextremismus grenzte er sich hingegen offiziell ab. Infolge Janssons Modernisierungskurses veränderte sich die Parteistruktur und damit das Image der Sverigedemokraterna von Grund auf:  der Anteil der vorbestraften Funktionäre sank in den darauffolgenden Jahren um fast 25 %, der Anteil der Funktionäre mit neonazistischer Vergangenheit sogar um mehr als 60 %.[5]

Im Herbst 2010 gab die SD an, sie habe etwa 5000 Mitglieder. Die SD gründete 1998 eine Jugendorganisation namens Sverigedemokratisk Ungdom (SDU) (deutsch Schwedendemokratische Jugend). Im September 2015 sagte sich die SD offiziell von der SDU los, nachdem eine neugewählte SDU-Vorsitzende Positionen vertreten hatte, die konträr zur Erneuerungslinie der Mutterpartei waren. Letztere sollte die SD von den rassistischen und rechtsextremistischen Wurzeln wegführen. Die SD kündigte die Gründung einer neuen Jugendorganisation an.[6]

Es gibt eine Parteizeitung namens SD-Kuriren (SD-Kurier) sowie eine täglich erscheinende Webzeitung Samtiden.

Mehrere Zeitungen in Schweden lehnten vor der Reichstagswahl 2010 Anzeigengesuche der SD ab; die SD beklagte dies. Dagens Nyheter und Svenska Dagbladet hoben ihren Boykott auf; die Boulevardzeitung Expressen setzte ihn noch eine Weile fort.[7]

Die Parteifarben sind Blau und Gelb, die Farben der Flagge Schwedens.

Politische Einordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Politische Inhalte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptthemen der SD waren im Wahlkampf 2010 die Integrations-, Zuwanderungs-, Wirtschafts- und Familienpolitik.

Die SD wollte Steuern senken, den Einfluss der Politik auf die Wirtschaft begrenzen sowie kleine und mittelständische Unternehmen stärken. Durch eine rigidere Asyl- und Einwanderungspolitik könne man Kosten, „die das multikulturelle Gesellschaftsexperiment verschlingt“, einsparen. So seien Steuersenkungen möglich, ohne Sozialleistungen kürzen zu müssen. Die traditionelle Familie (Mann, Frau und Kinder) sei besser als die gleichgeschlechtliche Ehe; letztere solle abgeschafft werden. Homosexuelle Paare sollten nicht das Recht haben, Kinder zu adoptieren, und nur eine Eingetragene Partnerschaft solle ermöglicht werden.

Die bisherige Einwanderungs- und Integrationspolitik sei gescheitert. Die SD sei die einzige Partei, die dies offen auszusprechen wage. Die Einwanderung habe soziale und ökonomische Probleme hervorgerufen, die es zu lösen gelte: „Eine homogene Gesellschaft hat bessere Voraussetzungen, eine friedliche und demokratische Entwicklung zu nehmen, als eine heterogene.“ Die SD befürwortete deshalb eine strikte Beschränkung der Einwanderung sowie die Ausweisung größerer Gruppen von Ausländern. Sie berief sich dabei auf das UN-Flüchtlingswerk UNHCR, dem zufolge das ideale Ende eines Asylverfahrens die Rückkehr in das Heimatland sei.

„Traditionelle schwedische Werte“ und die schwedische Kultur seien durch Einwanderung, eine (aus Sicht der SD stattfindende) Islamisierung, Globalisierung und „kulturellen US-Imperialismus“ bedroht. Die SD lehne supranationale Einheiten wie die Europäische Union ab und befürworte stattdessen die Zusammenarbeit zwischen einzelnen Staaten, vor allem zwischen den nordischen Ländern. Die SD lehne eine eventuelle EU-Mitgliedschaft der Türkei ab.[8]

Die SD sprach sich 2015 dafür aus, die Strafen für Verbrechen zu verschärfen und ein öffentliches Register einzuführen, in dem wegen sexuellen Kindesmissbrauchs Verurteilte aufgelistet sind.[9]

Mittlerweile bekennt sich die SD offiziell zum Klimaschutz und zum Pariser Abkommen und stimmte im Frühjahr 2022 im Klimaausschuss des Reichstags dem Ziel zu, selbst die konsumbasierten Emissionen im Ausland bis 2045 auf netto-null zu senken.[10][11]

Bei der Wahl zum Europaparlament 2014 war die SD noch mit der Forderung angetreten, Schweden solle die EU verlassen. Im Februar 2019 beschloss der SD-Parteivorstand (angesichts der beim Brexit bekanntgewordenen Nachteile eines EU-Austritts), dies nicht mehr zu fordern. Der Vorsitzende Jimmie Åkesson äußerte aber, die SD wolle sich auch weiterhin als EU-kritischste Partei positionieren. Laut Radio Schweden plante die SD, im Europaparlament mit den nationalistischen Parteien anderer Länder zusammenzuarbeiten, um die EU von innen zu reformieren.[12]

Medien- und Politikwissenschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die SD beschrieb sich selbst als „national“ und gab an, jede Form von Rassismus abzulehnen. Diverse schwedische Medien und Politikwissenschaftler stuften sie als fremden- und einwanderungsfeindlich ein.[13][14]

Verbindungen zu anderen Gruppierungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Parlamentarier Kent Ekeroth war zeitweise Vorstandsmitglied der 2017 aufgelösten Europapartei Europäische Allianz für Freiheit (EAF), an der auch Mitglieder der Front National, der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) sowie des Vlaams Belang beteiligt waren. Die Jugendorganisation SDU beteiligte sich an der Gründung der EAF-Jugendorganisation Young European Alliance for Hope (YEAH). Nach der Europawahl 2014 distanzierten sich die neu gewählten Europaparlamentarier und der Parteivorstand jedoch von der EAF. Die Parlamentarier traten der Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie bei, die damals von der UK Independence Party und der MoVimento 5 Stelle dominiert wurde. Die SDU beendete die Mitarbeit in YEAH.

2009 wurde die SD von einem Mann namens Alan Lake beraten, der als einer der Strategen der islamfeindlichen English Defence League (EDL) galt. Die EDL soll auch Kontakte zur rechtsextremen British National Party gehabt haben.[15]

Wähler und Image[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die SD findet vor allem in Südschweden, besonders in der Provinz Skåne, Zuspruch und erreichte dort früher als in anderen Provinzen zweistellige Wahlergebnisse. Sie spricht vor allem junge und männliche Wähler an. Bereits Ende der 1990er Jahre, unter dem Parteivorsitzenden Mikael Jansson, versuchte die Partei, sich vom rechtsextremen Milieu zu lösen und seriöser und bürgerlicher zu wirken. Åkesson führte diese Strategie u. a. im Wahlkampf 2006 fort und richtete die SD am Vorbild der österreichischen FPÖ aus.[16]

Wahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahlergebnis bei der Wahl zum schwedischen Reichstag 2010 nach Gemeinden

Wahlen 1994 bis 2002[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei den Kommunalwahlen 1994 erreichte die SD Mandate in drei Gemeinderäten, 2002 in 30 Gemeinden. Bei der Reichstagswahl 2002 bekamen sie 1,4 % der Stimmen, etwa viermal so viel wie bei der Wahl zuvor.

Reichstagswahl und Kommunalwahlen 2006[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die SD bekam bei der Wahl zum schwedischen Reichstag 2006 2,93 % der Stimmen und verfehlte damit die Vierprozenthürde für den Einzug in den Reichstag.[17] In den südschwedischen Provinzen Skåne län und Blekinge län sowie in einigen Teilen der anderen schwedischen Provinzen erhielt sie über vier Prozent der Stimmen.

Bei der Gemeinderatswahl 2006 in der Gemeinde Landskrona erreichte die SD mit 22,26 % ihr bestes Ergebnis.[18] Auf nationaler Ebene erreichte die SD in Bjuv mit 10,30 % das beste Ergebnis.[19] Insgesamt kam die SD auf 286 kommunale Mandate in 145 schwedischen Gemeinden.

Reichstagswahl 2010[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Reichstagswahl am 19. September 2010 erhielt die SD 5,7 % der Wählerstimmen. Sie entsandte damit 20 Abgeordnete in den Reichstag.

Europawahl 2014[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Europawahl 2014 zog die SD erstmals ins Europäische Parlament ein. Sie erhielt 9,7 % der Stimmen und damit zwei Abgeordnete. Diese schlossen sich der Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie an.

Reichstagswahl 2014[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Reichstagswahl am 14. September 2014 erhielt die SD 12,9 % der Wählerstimmen und 49 Reichstagsmandate. Besonders stark schnitten die Schwedendemokraten in der südschwedischen Provinz Skåne län ab; stimmenstärkste Partei wurde sie in den dortigen Gemeinden Sjöbo und Hörby.

Reichstagswahl 2018[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stimmenstärkste Parteien bei der Reichstagswahl 2022 nach Wahlkreisen (links) und Kommunen (rechts):
Sozialdemokraten
Moderate Sammlungspartei
Schwedendemokraten

Bei der Reichstagswahl am 9. September 2018 erhielt die SD 17,53 % der abgegebenen Stimmen und 62 der 349 Abgeordnetenmandate.
In etwa 30 Wahlkreisen in Südschweden, vor allem in der südschwedischen Provinz Skåne län, erhielt die SD prozentual die meisten Stimmen:

Europawahl 2019[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Europawahl in Schweden 2019 erhielt die SD 15,34 % der Stimmen und errang drei Abgeordnetenmandate.[20] Diese schlossen sich der Fraktion Europäische Konservative und Reformer an.

Reichstagswahl 2022[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Wahl am 11. September 2022 wurden die Schwedendemokraten mit 20,5 % der Stimmen zweitstärkste Kraft und errangen 73 von 349 Abgeordnetenmandate.

Wahlergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Wahl Stimmen % Sitze
1988 SchwedenSchweden Reichstagswahl 1988 1.118 0,0 %
0/349
1991 SchwedenSchweden Reichstagswahl 1991 4.887 0,1 %
0/349
1994 SchwedenSchweden Reichstagswahl 1994 13.954 0,3 %
0/349
1998 SchwedenSchweden Reichstagswahl 1998 19.624 0,4 %
0/349
1999 Europa Europawahl 1999 8.568 0,3 %
0/22
2002 SchwedenSchweden Reichstagswahl 2002 76.300 1,4 %
0/349
2004 Europa Europawahl 2004 28.303 1,1 %
0/19
2006 SchwedenSchweden Reichstagswahl 2006 162,463 2,9 %
0/349
2009 Europa Europawahl 2009 103.584 3,3 %
0/19
2010 SchwedenSchweden Reichstagswahl 2010 339.610 5,7 %
20/349
2014 Europa Europawahl 2014 359.248 9,7 %
2/20
2014 SchwedenSchweden Reichstagswahl 2014 801.178 12,9 %
49/349
2018 SchwedenSchweden Reichstagswahl 2018 1.135.627 17,5 %
62/349
2019 Europa Europawahl 2019 636.877 15,3 %
3/20
2022 SchwedenSchweden Reichstagswahl 2022 1.330.325 20,5 %
73/349

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ann-Cathrine Jungar: Convergence by different means: The Finns Party and the Sweden Democrats. In: Frank Decker, Bernd Henningsen, Kjetil Jakobsen (Hrsg.): Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Europa. Die Herausforderung der Zivilgesellschaft durch alte Ideologien und neue Medien. Nomos, Baden-Baden 2015, ISBN 978-3-8487-1206-9, S. 187 ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tusentals medlemmar lämnade S i fjol – bara SD ökade (deutsch: Thousands of members leave S last year – only SD increases) In: Nyheter Idag, 30. April 2021. Abgerufen am 24. Mai 2021 (schwedisch). 
  2. Anna-Lena Lodenius/Stieg Larsson, Extremhögern, Stockholm 1991, S. 17–32.
  3. Forum för levande historia: Musik i gränslandet
  4. Heléne Lööw: Sverigedemokraterna inga arvtagare till nationalsocialisterna (Memento des Originals vom 12. Februar 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.skma.se (PDF; 79 kB), Publikation des svenska kommitten mot antisemitism vom November 2006.
  5. Simon Oja, Brigitte Mral: The Sweden Democrats Came In from the Cold. In: Right-Wing Populism in Europe. 2013, S. 277–292, doi:10.5040/9781472544940.ch-019.
  6. Schwedendemokraten bilden neue Jugendorganisation (schwedisch).
  7. Dagens Nyheter: Fritt fram för Sverigedemokraterna att annonsera
  8. Valmanifest (Memento vom 20. Mai 2011 im Internet Archive), S. 7.
  9. utro.ru
  10. zeit.de
  11. heise.de
  12. Sveriges Radio: Åkesson: EU kan reformeras inifrån – Nyheter (Ekot). Abgerufen am 6. Februar 2019 (schwedisch).
  13. Karin Borevi, Per Strömblad (Hrsg.): Integrationspolitiska Maktutredningen. Stockholm 2004, S. 36.
  14. Stieg Larsson, Mikael Ekman: Sverigedemokraterna – den nationella rörelsen. Stockholm 2001, S. 249 ff.
  15. The Telegraph online, 10. Oktober 2009 abgerufen am 5. Januar 2011.
  16. Jens Gmeiner: Die schwedische Parlamentswahl 2010. Hochphase und Endpunkt der starren Blockpolitik? In: NORDEUROPAforum (2011:1), S. 88. Abstract hier; Volltext (S. 73–96) hier (PDF; 294 kB).
  17. Valmyndigheten: Val 2006: slutligt valresultat
  18. Valmyndigheten: Val till kommunfullmäktige i Landskrona
  19. Valmyndigheten: Högst och lägst av alla kommuner i riksdagsvalet
  20. Schweden. Ergebnisse nach nationaler Partei: 2019–2024. Europäisches Parlament, Ergebnisse der Europawahl