Sielow – Wikipedia

Stadt Cottbus
Koordinaten: 51° 48′ N, 14° 18′ OKoordinaten: 51° 47′ 59″ N, 14° 18′ 10″ O
Höhe: 63 m ü. NHN
Fläche: 18,82 km²
Einwohner: 3539 (30. Jun. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 188 Einwohner/km²
Eingemeindung: 6. Dezember 1993
Postleitzahlen: 03044, 03055
Vorwahl: 0355
Karte
Lage von Sielow in Cottbus
Ortskern
Ortskern

Sielow, niedersorbisch Žylow, ist ein Ortsteil der Stadt Cottbus in Brandenburg. Bis zur Eingemeindung nach Cottbus am 6. Dezember 1993 war Sielow eine eigenständige Gemeinde.

Geografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ort liegt in der Niederlausitz, rund fünf Kilometer nordwestlich des Cottbuser Stadtzentrums. Umliegende Ortschaften sind Dissen im Norden, Döbbrick im Nordosten, Skadow im Osten, Schmellwitz im Südosten, die Windmühlensiedlung im Süden, Zahsow im Südwesten, Gulben im Westen und Briesen im Nordwesten. Zum Ortsteil Sielow gehört der Wohnplatz Masnick’s Häuslergut.

Sielow liegt an der Landesstraße 511 zwischen Dissen und der Cottbuser Stadtmitte. Im Norden erstreckt sich die Gemarkung bis zur Gemeindegrenze mit Drachhausen, somit hat Sielow Anteile am Naturschutzgebiet Biotopverbund Spreeaue.

Geschichte und Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kriegerdenkmal

Sielow wurde vermutlich im 13. Jahrhundert gegründet; die erste urkundliche Erwähnung findet sich in einer Urkunde vom 12. Juli 1449 als „Seylow“. Der Name leitet sich aus dem Wort Žyta ab, was in der sorbischen Sprache so viel wie „Wasserader“ bedeutet. Die Gemeinde vermutet diese geographische Besonderheit auch als Grundlage für die Ansiedlung.[2] Ernst Eichler und Arnošt Muka leiten den Ortsnamen von einem sorbischen Personennamen ab.[3] Über viele Jahrhunderte lebten die Einwohner vorwiegend von der Landwirtschaft. Im Dreißigjährigen Krieg fiel Sielow nahezu wüst, doch bereits aus dem Jahr 1644 sind neue Ansiedelungen überliefert.

Der Ort gehörte im 15. Jahrhundert zur Herrschaft Cottbus in der Mark Brandenburg bzw. später im Königreich Preußen und bildete dort mit den Dörfern Dissen und Striesow das Amt Sielow. Dieses wurde ca. 1780 aufgelöst und dem Amt Cottbus angegliedert. Nach dem Tilsiter Frieden kam Sielow im Jahr 1807 zum Königreich Sachsen, bevor es acht Jahre später nach den auf dem Wiener Kongress getroffenen Vereinbarungen wieder preußisch wurde. Bei der Gebietsreform im Jahr 1816 wurde Sielow dem Kreis Cottbus in der Provinz Brandenburg zugeordnet. Das Amt Cottbus wurde 1874 aufgelöst. Danach bildete Sielow mit Dissen und Striesow einen Amtsbezirk Sielow, der mit dem historischen Amt Sielow weitgehend deckungsgleich war.

Am 21. Mai 1899 wurde der Abschnitt Burg–Cottbus Westbahnhof der Spreewaldbahn eröffnet. Eine Betriebsstelle dieser Schmalspurbahn war am Kilometer 46,37 der Bahnhof Sielow, eine Haltestelle mit Überholungsgleis. Der Ort profitierte von dem Erstarken der Textilindustrie im nahegelegenen Cottbus. Ab dem 23. Januar 1921 war Sielow Standort eines preußischen Konzentrationslagers, indem „unerwünschte Ausländer“ inhaftiert waren.[4] Nach zwei Jahren wurde das Lager aufgrund der dort herrschenden unmenschlichen Bedingungen wieder geschlossen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Sielow in der Sowjetischen Besatzungszone, der Amtsbezirk Sielow wurde 1945 aufgelöst. Bei der DDR-Kreisreform am 25. Juli 1952 wurde die Gemeinde dem Kreis Cottbus (ab 1954 Kreis Cottbus-Land) im Bezirk Cottbus zugeordnet. Nach der Wiedervereinigung wurden große Teile der LPG in ein Agrarunternehmen umgewandelt. Die Gemeinde Sielow lag zunächst im Landkreis Cottbus und wurde am 6. Dezember 1993 in die kreisfreie Stadt Cottbus eingemeindet.[5]

Der Modderteich im Biotopverbund Spreeaue

Zwischen Ende 2006 und Mitte 2007 wurden im Naturschutzgebiet Biotopverbund Spreeaue in der Gemarkung von Sielow mehrere Fischteiche angelegt. Die Teiche dienten unter anderem der Umsiedlung von Amphibien aus der für den Tagebau Cottbus-Nord abgebaggerten Teichlandschaft bei Lakoma.[6]

Sorbische Sprache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war die sorbische Sprache die Umgangssprache im Ort. Der Volkskundler Arnošt Muka zählte bei seinem Besuch des Ortes in den 1880er-Jahren 1095 Einwohner, von denen alle Sorben waren. Die Kirchengemeinde Dissen, zu der die Sielower Kirche als Filiale gehörte, bezeichnete er als „rein sorbisch“.[7] Im Jahr 1956 hatten laut Ernst Tschernik noch 49,8 Prozent der Einwohner sorbische Sprachkenntnisse. Danach ging der Anteil der sorbischsprachigen Bevölkerung noch weiter zurück.

Seit 1998 gibt es in Sielow eine Kindertagesstätte, in der die Kinder nach dem Witaj-Projekt die sorbische Sprache erlernen. Diese war damals die erste Kita dieser Art in der Niederlausitz.

Bevölkerungsentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner
1875 1060
1890 1158
1910 1387
Jahr Einwohner
1925 1524
1933 1808
1939 1826
Jahr Einwohner
1946 2063
1950 1994
1964 1808
Jahr Einwohner
1971 1814
1981 1702
1985 1687
Jahr Einwohner
1989 1671
1992 1739

Gebietsstand des jeweiligen Jahres[8]

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dorfkirche Sielow
Holländerwindmühle Sielow

Einrichtungen und Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Feuerwehrhaus in Sielow

In Sielow gibt es eine Grundschule, ein Hort und zwei Kindergärten; darunter die Witaj-Kita „Mato Rizo“. Die Freiwillige Feuerwehr wurde vermutlich vor 1913 gegründet und erhielt im Jahr 1935 ein Gerätehaus.[9]

Im Ort sind mehr als 20 Vereine aktiv. Der örtliche Sportverein ist die SG Sielow. Weitere aktive Vereine sind unter anderem der Bürgerverein Sielow, die Domowina-Ortsgruppe und der Reitverein Sielow. Jährlich findet in Sielow das Fest des Hahnrupfens statt.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jurij Koch (* 1936), Schriftsteller; lebt in Sielow
  • Reinhard Lauck (1946–1997), Fußballspieler und Nationalspieler der DDR, Goldmedaillengewinner bei den Olympischen Sommerspielen 1976; in Sielow geboren
  • Horst Krautzig (* 1952), Fußballspieler; in Sielow geboren

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rudolf Lehmann (Hrsg.): Historisches Ortslexikon für die Niederlausitz. Band 2: Die Kreise Cottbus, Guben, Spremberg und Sorau. Verlag Klaus-D. Becker, Potsdam 2011, ISBN 978-3-941919-90-7, S. 103.
  • Harald Großstück: Die Spreewaldbahn – eine Chronik. Reihe Aus der Heimatgeschichte der Stadt Cottbus und Umgebung, Heft 1. Stadtarchiv Cottbus, Deutscher Modelleisenbahn-Verband der DDR, AG 2/15 „Spreewaldbahn“ (Hrsg.). Cottbus 1988.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Sielow – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Einwohner nach Ortsteilen. In: cottbus.de. Stadtverwaltung Cottbus – Fachbereich Bürgerservice, 30. Juni 2023, abgerufen am 14. Juli 2023.
  2. Informationstafel Unser Sielow, aufgestellt westlich der Kirche, März 2019.
  3. Arnošt Muka: Serbski zemjepisny słowničk. Nakł. Maćica Serbska, Budyšin 1927, S. 109 (Online).
  4. Preußen. Chronik eines deutschen Staates. Rundfunk Berlin-Brandenburg, abgerufen am 29. Januar 2019.
  5. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 1. Januar 1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7.
  6. Informationstafel Spreeauenteiche.
  7. Arnošt Muka: Die Gemeinde Dissen. In: Statistik der Lausitzer Sorben. Deutsch von Robert Lorenz. Domowina-Verlag, Bautzen 2019, ISBN 978-3-7420-2587-6, S. 105 und 147.
  8. Historisches Gemeindeverzeichnis des Landes Brandenburg 1875 bis 2005. (PDF; 331 kB) Kreisfreie Städte Brandenburg an der Havel, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam. Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Land Brandenburg, Dezember 2006, abgerufen am 7. November 2022.
  9. Die Feuerwehr in Sielow. Bürgerverein Sielow, abgerufen am 7. November 2022.