Säuglingssterblichkeit – Wikipedia

Säuglingssterblichkeitsrate weltweit, 2008
Säuglingssterblichkeitsrate in Europa, 2007
Säuglingssterblichkeit international
(2013)[1]
in Promille
weltweit 38
OECD (2004)[2] 5,70
Japan 1,9
Schweden 2,3
Tschechien 2,5
Deutschland 3,3
Österreich 3,1
Frankreich 3,6
Niederlande 3,8
Großbritannien 3,9
Slowakei 5,5
Russland 10,3
Angola 96

Mit der Säuglingssterblichkeit erfasst man den Anteil der Kinder, die vor Erreichung des ersten Lebensjahres sterben. Man gliedert sie so aus der Kindersterblichkeit aus. Eine hohe Säuglingssterblichkeit ist ein Kennzeichen von Unterentwicklung und in Entwicklungsländern besonders häufig anzutreffen.

Die unterschiedlichen Sterblichkeitsraten bei vergleichbar entwickelten Staaten lassen sich zum Teil auf unterschiedliche Traditionen oder der Akzeptanz der Pränataldiagnostik bzw. Präimplantationsdiagnostik durch Eltern oder den Gesetzgeber[3] zurückführen, aber auch auf verschiedene staatliche Angebote zur Betreuung der Mütter und Neugeborenen.

In den meisten Industrieländern lässt sich eine erhöhte Säuglingssterblichkeit bei sozial benachteiligten Gruppen nachweisen, dazu zählen in Deutschland etwa arme Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund.[4] Für diese Säuglingssterblichkeit werden ungenügende Gesundheitsvorsorge während der Schwangerschaft, Fehlernährung und unzureichende Inanspruchnahme von präventiven Gesundheitsleistungen vermutet, ohne damit alle Aspekte abdecken zu können.[5]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wird die Säuglingssterblichkeit heute üblicherweise in Promille erfasst, so erfolgte dies bis weit ins 20. Jahrhundert aufgrund der damals deutlich höheren Opferzahlen in Prozent. So zeigt eine anlässlich der Gründung eines „Landesausschuß für Säuglings- und Kleinkinderfürsorge in Mecklenburg“ vorgelegte Statistik aus dem Jahr 1917, dass zwischen 1886 und 1910 im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin von den Lebendgeborenen innerhalb des ersten Lebensjahres konstant zwischen 16,2 und 17,1 Prozent starben. Bis zum fünften Lebensjahr starben im gleichen Zeitraum zwischen 21,0 und 24,4 Prozent.[6] Dies bedeutet, dass zu dieser Zeit im ersten Lebensjahr etwa jedes sechste, bis zum fünften etwa jedes vierte Kind starb. Ähnliche Todesraten gab es im gesamten Deutschen Reich.

1908 stellte der Kinderarzt und Sozialhygieniker Hugo Neumann auf Berlin bezogene statistische Daten zur Säuglingssterblichkeit, zur Art der Säuglingsernährung sowie zur Wohnungsgröße als Indikator für den ökonomischen Status der Familie zusammen. Seine Statistik dokumentierte, dass die Säuglingssterblichkeit mit sinkendem ökonomischen Status zunahm und dass zudem eine auf künstlicher Säuglingsnahrung basierende Ernährung in jeder sozialen Schicht mit einer im Vergleich zum Stillen um ein Vielfaches höheren Säuglingssterblichkeit einherging. Mit 23 Prozent am höchsten war in Berlin die Sterblichkeit von Säuglingen, bei denen beide Faktoren zusammentrafen.[7]

Fasst man nach der Studie zu den 1970er Jahren (siehe unten) die wichtigsten Ergebnisse zusammen, so ist die Säuglingssterblichkeit am geringsten, wenn > das Kind ehelich ist > das Kind bei der Geburt zwischen 3500 und 4500 g wiegt > die Mutter etwa 20 bis 35 Jahre alt ist > es sich um das erste oder zweite Kind handelt > seit der letzten Geburt mindestens etwa 2 Jahre vergangen sind.

Sie ist am größten, wenn > das Kind nichtehelich ist > das Kind untergewichtig (unter 2500 g Geburtsgewicht) ist > die Mutter noch keine 20 oder über 40 Jahre alt ist > es sich um fünfte oder weitere Kinder handelt > seit der Geburt des letzten Kindes weniger als 2 Jahre oder mehr als 10 Jahre vergangen sind.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Säuglingssterblichkeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. prb.org (PDF)
  2. oecd.org (PDF; 173 kB)
  3. Tages-Anzeiger: Warum die Kindersterblichkeit in der Schweiz so hoch ist, 4. Mai 2014: Zum Kontext: Durch einen (Teil-)Verzicht auf Diagnostik werden Föten ausgetragen, die auf Grund schwerer Behinderungen noch als Säugling sterben (Aborte gehen nicht in die Statistik ein).
  4. Antje Richter: Armutsprävention – ein Auftrag für Gesundheitsförderung. In: Margherita Zander: Kinderarmut. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14450-2, S. 202.
  5. kinderumweltgesundheit.de@1@2Vorlage:Toter Link/www.kinderumweltgesundheit.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF).
  6. Landesausschuß für Säuglings- und Kleinkinderfürsorge in Mecklenburg (Alexandrawerk und Olagstiftung). Sonderdruck der Redebeiträge anlässlich der Gründung im Frühjahr 1917, Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern.
  7. Sigrid Stöckel: Säuglingsfürsorge zwischen sozialer Hygiene und Eugenik. Das Beispiel Berlins im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. De Gruyter, 1996, ISBN 3-11-014539-1, S. 114 ff. (ebenfalls Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Band 91, 1992).