Privativ – Wikipedia

Der Privativ (von lateinisch prīvāre „berauben“) bezeichnet ein Wortbildungs-Affix eines Adverbs, Verbs, Nomen oder Adjektivs und drückt semantisch das Fehlen oder Weglassen der Basis (des zugehörigen Wortstamms) aus, eventuell auch seine Negation.

Im Deutschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mehrere Präfixe können hier den Privativ darstellen, nämlich ent-, un-, miss- und de- (zumeist bei entlehnten Verben).

  • demaskieren
  • entfärben
  • Misstrauen
  • Untreue

Im letzten Beispiel kann man gut erkennen, dass neben Verben sowohl Nomen, als auch Adjektive und Adverbien Privative enthalten können:

  • Adjektiv: der untreue Ehemann
  • Adverb: Die Ritterschaft verhielt sich untreu ihrem König gegenüber.

Auch Suffixe können Privative sein, im Deutschen sind das die Suffixe -los, -frei und -leer

  • wertlos
  • inhaltsleer
  • zuckerfrei

Worte, die aus dem Latein oder der Griechischen Sprache stammen, haben die dort existierenden Privative in-, il-, ir- (assimilative Verschiebung des n zum l oder r, Präfixes aus dem Latein) und a-, an- (Alpha privativum des Griechischen) direkt übernommen:

  • illegitim
  • inkonsistent
  • irrelevant
  • apathisch
  • Anästhesie

Diese Präfixe, genauso wie die deutschen ent- und un- und auch die im Sanskrit vorhandenen अ- (a-) und अन्- (an-) stammen alle von einem gleichbedeutenden Präfix *n̥- aus der Indogermanischen Ursprache ab.

Abgrenzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Präfixe im Deutschen sind aber nicht immer Privative. So ist zum Beispiel das Wort entflammbar mit dem Präfix ent- verbunden, hier hat dieses Präfix jedoch eine verstärkende und nicht negierende oder weglassende Bedeutung und ist somit kein Privativ.

Andere Sprachen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Esperanto[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Esperanto ist eine Kunstsprache, die strategisch über Präfixe und Suffixe semantische Inhalte transportiert. Daher finden sich auch klare Vorgaben zur Bildung eines Privativs durch den Einsatz zweier Präfixe: sen- („ohne“) und mal- („Gegenteil/Negation von“):

  • senfarbigi „entfärben“
  • malbona „schlecht“ (wörtlich: „un-gut“)

Turksprachen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sprachen der Türkischen Sprachfamilie haben ein Suffix für das Privativ, das je nach Vokalharmonie variiert.

Baschkirische Sprache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Baschkirischen gibt es ein Privativsuffix +hEҙ. Der Großbuchstabe hier zeigt den Buchstaben an, der sich nach Vokal- oder Konsonantenharmonie unterscheidet und daher je nach Vokalharmonie in folgenden Varianten auftritt: -һеҙ, -һыҙ,-һоҙ und -һөҙ. Diese übersetzt man ins Deutsche meist mit -los oder ohne ..., un-, miss- und sie sind die Antonyme von -лЕ „mit ...“ und den vier Varianten -лы, -ле, -ло, -лө.

  • эшһеҙ „arbeitslos“
  • һөтһөҙ кофе „Kaffee ohne Milch“
  • балһыҙ сәй „Tee ohne Honig“
  • боросһоҙ риҙыҡ „pfefferlose Speisen“

Türkische Sprache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Türkischen existiert das Privativ als Suffix in den Formen -siz, -sız, -suz und -süz. Hier sind sie auch wieder Antonyme zu -li, -, -lu und -.

  • șekersiz „zuckerfrei“
  • tuzsuz „salzlos“

Tupi-Guaraní-Sprachen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Guaraní[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Guaraní gibt es das Privativ ebenfalls als Suffix, nämlich als -o und -.

  • ojetavy'o „er lernt“ (wörtlich „er-sich-Dummheit-entfernen“)[1]
  • y'ỹ „Dürre“ (wörtlich „Wasserlosigkeit“ bzw. „drought, dryness“)[2][3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Helmut Glück (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprachen. J.B.Metzler, Stuttgart, Weimar 1993, ISBN 3-476-00937-8, Privativ, S. 484.
  • Brigitte Bartschat, Rudi Conrad, Wolfgang Heinemann, Gerlinde Pfeifer, Anita Steube: Lexikon sprachwissenschaftlicher Termini. VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1985, Privativ, S. 187 f.
  • Margarete I. Ersen Rasch: Baschkirisch. Lehrbuch für Anfänger und Fortgeschrittene. Harrassowitz, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-447-05730-1, S. 66, 169.
  • Hasan Șakır: Grammatik kurz & bündig Türkisch. PONS GmbH, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-12-561149-8, S. 103.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Beschreibung des Guaraní (Memento des Originals vom 6. Dezember 2004 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uni-mainz.de
  2. Sebastian Nordhoff: Nomen/Verb-Distinktion im Guarani. Hrsg.: Universität Köln. 17. Oktober 2012, ISSN 1615-1496, S. 43 (uni-frankfurt.de [abgerufen am 8. Juni 2018]).
  3. A. Scott Britton: Hippocrene Concise Dictionary Guaraní-English, English-Guaraní. Hippocrene Books Inc., 2005, ISBN 0-7818-1066-3, S. 115.