Petr Fiala – Wikipedia

Petr Fiala (2019)

Petr Fiala (* 1. September 1964 in Brünn) ist ein tschechischer Politikwissenschaftler, Historiker und Politiker der Partei OBS und seit dem 28. November 2021 Ministerpräsident Tschechiens.

Fiala war Professor für Politikwissenschaft sowie von 2004 bis 2011 Rektor der Masaryk-Universität in Brünn. Von 2012 bis 2013 war er tschechischer Bildungsminister. Er ist seit Januar 2014 Parteivorsitzender der liberal-konservativen Občanská demokratická strana (ODS).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Akademische Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fiala studierte Bohemistik und Geschichte an der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität, heutiger Name Masaryk-Universität, in Brünn. Anschließend war er im Regionalmuseum in Kroměříž tätig. 1989 promovierte er als Historiker an der Masaryk-Universität.[1]

Nach der Samtenen Revolution und dem Ende des Kommunismus wirkte Fiala am Aufbau der bis dahin vom Regime verunmöglichten Disziplin der Politikwissenschaften in der tschechischen akademischen Sphäre mit. Das Institut für Politikwissenschaft an der Masaryk-Universität wurde 1990 gegründet und Fiala 1993 zu dessen Leiter.[2] 1996 promovierte Fiala im Fach Politikwissenschaft und er wurde Dozent an der Karls-Universität Prag.

Der Wahlkampf von Petr Fiala und seiner konservativen Koalition SPOLU (Gemeinsam) im Jahr 2021. Die Inschrift lautet: „Wir haben eine Chance, uns des Ministerpräsidenten nicht zu schämen! Jetzt geht es um alles!“

2002 wurde er zum Professor für Politikwissenschaften an der Masaryk-Universität ernannt, 2004 zum Dekan der sozialwissenschaftlichen Fakultät. Von 2004 bis 2011 leitete Fiala als Rektor die Masaryk-Universität. Zu den Schwerpunkten von Fialas wissenschaftlicher Tätigkeit gehörten die vergleichende Politikwissenschaft, Europapolitik, politische Parteien und Interessensgruppen sowie die politische Dimension der Religion.[1]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2011 wurde Fiala wissenschaftlicher Berater von Premierminister Petr Nečas. Nach dem Rücktritt von Josef Dobeš als Bildungsminister wurde Fiala am 2. Mai 2012 als parteifreier Minister für Jugend, Bildung und Sport im Kabinett von Petr Nečas ernannt. Dieses Amt hatte er bis zum 10. Juli 2013 inne. Eine Beteiligung im folgenden Kabinett von Jiří Rusnok lehnte Fiala ab, da er mit der eigenmächtigen Ernennung der Regierung durch Staatspräsident Miloš Zeman nicht einverstanden war.[3]

Bei den Abgeordnetenhauswahlen im Oktober 2013 wurde Fiala als Listenerster der ODS für Südmähren ins Abgeordnetenhaus des tschechischen Parlaments gewählt. Er trat im November 2013 der ODS bei und wurde im Januar 2014 zum Parteivorsitzenden gewählt. 2016, 2018 und 2020 wurde er jeweils in diesem Amt bestätigt.[3] Im November 2017 wurde Fiala zum stellvertretenden Vorsitzenden der Abgeordnetenhauses gewählt.

Petr Fiala mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew während des russischen Angriffs auf die Ukraine, 15. März 2022

Für die Abgeordnetenhauswahlen 2021 trat Fiala als Spitzenkandidat der oppositionellen Wahlkoalition SPOLU an, die sich aus den Parteien ODS, KDU–ČSL und TOP 09 zusammensetzte. SPOLU grenzte sich scharf gegen Premier Andrej Babiš ab und kritisierte unter anderem dessen Interessenskonflikt in Bezug auf die von ihm gegründete Holding Agrofert sowie das Management der COVID-19-Pandemie in Tschechien.[4] Bei den Wahlen im Oktober 2021 wurde das Bündnis SPOLU mit 27,8 Prozent die wählerstärkste Kraft, knapp vor Babišs Regierungspartei ANO mit 27,1 Prozent.[5] Nach dem Wahlsieg von SPOLU erhob Fiala Anspruch auf das Amt des Premierministers und trat in Verhandlungen mit dem zweiten oppositionellen Wahlbündnis aus Piratenpartei und STAN. Am 11. November unterzeichneten die Parteien einen Koalitionsvertrag.[6]

Am 28. November 2021 wurde Fiala von Staatspräsident Miloš Zeman zum Ministerpräsidenten ernannt.[7] Die Regierung Petr Fiala nahm am 17. Dezember 2021 ihre Arbeit auf und wurde vereidigt.[8]

Im Zuge des Russischen Überfalls auf die Ukraine reiste Fiala am 15. März 2022 zusammen mit seinen Amtskollegen Mateusz Morawiecki aus Polen und Janez Janša aus Slowenien in die belagerte Hauptstadt Kiew, um die Unterstützung der EU für die Freiheit der Ukraine zum Ausdruck zu bringen.[9]

Er führte in der zweiten Jahreshälfte 2022 den Vorsitz der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft. Mit einem Zustimmungswert von 17 % war er im Januar 2024 der unpopulärste europäische Regierungschef. 76 % der Tschechen lehnten seine Politik ab.[10]

Persönliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fiala ist mit Jana Fialová, Prodekanin der medizinischen Fakultät der Masaryk-Universität, verheiratet und hat mit ihr drei Kinder.[11] Neben seiner Muttersprache Tschechisch spricht er Englisch und Deutsch.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Petr Fiala – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Petr Fiala Lebenslauf Masaryk-Universität
  2. Katedra politologie Masaryk-Universität
  3. a b ODS: Petr Fiala – ODS. Abgerufen am 8. Oktober 2021 (tschechisch).
  4. „Wir wollen keinen ökofanatischen Piratenstaat“ – Regierung übersteht Misstrauensvotum. 4. Juni 2021, abgerufen am 8. Oktober 2021.
  5. Niklas Zimmermann: Babiš-Gegner gewinnen Wahl in Tschechischer Republik. In: FAZ.net. 9. Oktober 2021, abgerufen am 28. Januar 2024.
  6. SPOLU, Piraten und Bürgermeister unterzeichnen Koalitionsvertrag ČT24 am 11. November 2021
  7. Daniela Honigmann: Petr Fiala zum neuen Premier Tschechiens ernannt. 28. November 2021, abgerufen am 28. November 2021.
  8. tagesschau.de: Machtwechsel in Tschechien: Fialas Regierung übernimmt Amtsgeschäfte. Abgerufen am 17. Dezember 2021.
  9. Regierungschefs von Tschechien, Polen und Slowenien reisen nach Kiew. In: tagesschau.de vom 15. März 2021. Abgerufen am 16. März 2022.
  10. Global Leader Approval Rating Tracker. In: Morning Consult, 4. Januar 2024.
  11. Stockfotos, Editorial und Creative Bilder | Bildagentur IMAGO: Opposition leader Petr Fiala (Civic Democrats, ODS) and his wife Jana Fialova are going to vote dur. 9. Oktober 2020, abgerufen am 8. Oktober 2021.