Perchlorate – Wikipedia

Das Perchlorat-Anion

Perchlorate sind die Salze der Perchlorsäure HClO4. Das Perchlorat-Anion ClO4 ist einfach negativ geladen und hat tetraedrische Symmetrie. Chlor besitzt dabei die Oxidationszahl +7.

Natürliche Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Perchlorate, die durch oxidative Vorgänge in der Atmosphäre gebildet werden, lagern sich mit dem Staub ab. Dieser Vorgang ähnelt der Bildung von Nitraten und Iodaten. In Gegenden mit regelmäßigen Niederschlägen gelangen die Perchlorate in den Wasserkreislauf und werden dort durch Mikroorganismen abgebaut. In ariden Wüstengebieten wie der Atacamawüste und im trockenen Südwesten der USA können sich die Perchlorate bis zu Konzentrationen von einigen mg/kg anreichern. Beim Abbau des Chilesalpeters in der Atacamawüste mussten Perchlorate vor dessen Verwendung als Dünger entfernt werden.

Perchlorate wurden 2008 auch im Staub des Mars nachgewiesen.[1] Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Calciumperchlorat in Konzentrationen von 0,5 bis 1 %.[2] Es macht den Marsboden für einen zukünftigen Anbau von Pflanzen so toxisch, dass selbst robuste Bakterien wie Bacillus subtilis innerhalb weniger Minuten abgetötet werden.[3][4]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Perchlorate sind Oxidationsmittel und geben beim Erhitzen Sauerstoff ab:

Die meisten Perchlorate sind leicht löslich. Ausnahmen bilden die nur mäßig löslichen Salze Kaliumperchlorat, Rubidiumperchlorat und Caesiumperchlorat. Kalium-, Rubidium- und Caesiumsalze können daher durch die Bildung eines weißen Niederschlages mithilfe von Perchlorat nachgewiesen werden, Beispiel:

In wässriger Lösung wirken Perchlorate kaum oxidierend, da ihre Reduktion in Lösungen ohne Katalysator sehr langsam erfolgt. Sie sind brandfördernd und werden in der Pyrotechnik, in Sprengstoffen und als Raketentreibstoff für Feststoffraketen verwendet. In der ISS werden Perchlorat-Kartuschen genutzt, um im Notfall schnell Sauerstoff produzieren zu können.

Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Perchlorat-Ion ist perfekt tetraedrisch gebaut, die Chlor-Sauerstoff-Bindungen sind gleich lang und gleichwertig. Die Bindungsverhältnisse können völlig analog zum isoelektronischen Sulfat-Ion durch Mesomerie mit drei delokalisierten Doppelbindungen oder durch Ladungstrennung mit einem formal dreifach positiv geladenen Chloratom erklärt werden.

Herstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Perchlorate werden durch die Elektrolyse von Chloriden hergestellt. Das entstehende Chlor wird nicht wie bei der Chlor-Alkali-Elektrolyse abgeleitet, sondern von der sich bildenden Lauge absorbiert. Dabei entsteht Hypochlorit, das anschließend zu Chlorid und Chlorat disproportioniert. Durch weitere Elektrolyse entsteht Perchlorat.

An dotierten Diamantelektroden kann mittels Elektrolyse aus einer Chlorid-, Hypochlorit- oder Chloratlösung Perchlorat mit guter Ausbeute hergestellt werden. Die Mechanismen sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Wahrscheinlich ist die Bildung aber auf radikalische Reaktionen (OH-, O-Radikale) zurückzuführen:[5]

Ammoniumperchlorat wird durch Neutralisation von Ammoniak mit Perchlorsäure hergestellt.

Gesundheitliche Gefahren und lebensmittelrechtliche Regelung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Perchlorate hemmen die Iod-Aufnahme im Körper (Iodination) und somit den Stoffwechsel der Schilddrüse, sind also Goitrogene. Perchlorate werden daher als Arzneistoffe zur Regulierung der Schilddrüsenfunktion eingesetzt.

In der EU werden die Höchstmengen an Perchloraten in Lebensmitteln durch die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 geregelt. Die jeweiligen Höchstgrenzen hängen dabei vom Erzeugnis ab und orientieren sich auch daran, was durch gute Herstellungspraxis oder gute landwirtschaftliche Praxis erreichbar ist: Obst und Gemüse (0,05 mg/kg), Cucurbitaceae und Grünkohl (0,10 mg/kg), Blattgemüse und frische Kräuter (0,5 mg/kg), Tee, incl. Früchte- und Kräutertee (0,75 mg/kg), Anfangsnahrung und Beikost für Säuglinge und Kleinkinder (0,01 mg/kg) und Babynahrung (0,02 mg/kg).[6]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Perchlorate dienen u. a. als Oxidationsmittel in Raketen und Feuerwerkskörpern.

Bei radiologischen Untersuchungen wird hyperthyreoten Patienten vor Gabe des iodhaltigen Kontrastmittels Perchlorat verabreicht, da dies die Iod-Aufnahme in der Schilddrüse über eine kompetitive Hemmung blockiert.[7][8]

Nachweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Qualitativ können Perchlorate durch deren Reduktion zu Chlorid nachgewiesen werden. Hierbei wird die Probelösung angesäuert und mit Titan(IV)-sulfat versetzt. Durch Zugabe von Eisen- oder Zinkspänen wird das Ti4+-Ion zu Ti3+ reduziert. Dieses wiederum reduziert das ClO4-Ion zu Cl.

Das entstehende Chlorid wird üblicherweise mit Silbernitrat nachgewiesen.[9]

Vertreter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. M. H. Hecht, S. P. Kounaves, R. C. Quinn u. a.: Detection of Perchlorate and the Soluble Chemistry of Martian Soil at the Phoenix Lander Site. In: Science. Band 325, Nr. 5936, 2009, S. 64–67, doi:10.1126/science.1172466, PMID 19574385.
  2. Leonard David: Toxic Mars: Astronauts Must Deal with Perchlorate on the Red Planet. In: space.com. 13. Juni 2013, abgerufen am 2. August 2023 (englisch).
  3. Der Mars ist viel lebensfeindlicher als bisher angenommen. In: derstandard.at. 7. Juli 2017, abgerufen am 2. August 2023.
  4. Anne Voigt: Planet Mars: Im Boden verbirgt sich lebensfeindliche Chemie. In: welt.de. 6. Juli 2017, abgerufen am 2. August 2023.
  5. H. Bergmann, J. Rollin, T. Iourtchouk: The occurrence of perchlorate during drinking water electrolysis using BDD anodes. In: Electrochim. Acta. 2009, 54, S. 2102–2107.
  6. Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln, Anhang Abschnitt 9.
  7. A. Lasserre, L. Blohm: Kurzlehrbuch Radiologie. 3. Auflage. Urban und Fischer, München 2003, ISBN 3-437-42111-5, S. 25.
  8. H. Bergmann, T. Iourtchouk, J. Rollin: Perbromate – eine neue Synthese- und Nachweismöglichkeit. In: LABO. Juni 2010, S. 8–10.
  9. E. Schweda: Jander/Blasius: Anorganische Chemie I – Einführung & Qualitative Analyse. 17. Auflage. Hirzel, 2012, ISBN 978-3-7776-2134-0.