Norbert Kleinwächter – Wikipedia

Norbert Kleinwächter (* 22. Februar 1986 in Augsburg) ist ein deutscher Politiker (AfD). Seit 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages, zwischen 2021 und 2023 war er stellvertretender Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion.[1][2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Norbert Kleinwächter wurde in Augsburg geboren und wuchs in Bayreuth auf.[3] Nach dem Abitur 2005 studierte er bis 2009 Comparative Literature am Dartmouth College (USA) mit Abschluss Artium Magister sowie Anglistik, Romanistik und Theaterwissenschaft in Erlangen mit Abschluss Magister Artium. Zudem erhielt er das erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien mit den Fächern Englisch, Französisch und darstellendes Spiel. Von 2013 bis 2017 war er Lehrer an den Privatschulen Villa Elisabeth in Wildau.

Politische Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 2005 bis 2007 war Kleinwächter Mitglied in der Partei Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative. Seit 2013 ist er Mitglied der AfD.[3] Im Jahre 2014 wurde er Mitglied des Kreisverbandes Dahme-Spreewald und Vorsitzender der AfD-Fraktion im Kreistag.[3] Nach der Bundestagswahl 2017 wurde er über die brandenburgische Landesliste Abgeordneter für den Deutschen Bundestag.

Seit 2019 ist er im Vorstand der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. Norbert Kleinwächter ist ständiges Mitglied der deutschen Delegation im Europarat und im EU-Ausschuss und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.

Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kleinwächter wird im Allgemeinen von Beobachtern zum gemäßigten Teil der AfD gerechnet.[4]

Im November 2017 brachte Kleinwächter gemeinsam mit Roman Reusch und Waldemar Herdt einen Antrag zur Förderung der Rückkehr syrischer Flüchtlinge im Bundestag ein. Im Antrag schrieben die Abgeordneten: „Die Sicherheitslage in großen Teilen Syriens hat sich in den vergangenen Monaten substantiell verbessert.“ Sie beriefen sich dabei auf die International Organization for Migration (IOM), wonach „allein in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 insgesamt über 600.000 Syrer“ in ihre Heimat zurückgekehrt seien, und forderten, die Bundesregierung solle ein Abkommen mit dem syrischen Diktator Baschar al-Assad schließen, damit Flüchtlinge von nun an wieder „sicher und kostenfrei“ in das Bürgerkriegsland ziehen könnten.[5] Die IOM hatte zwar eine Meldung unter einer derartigen Überschrift veröffentlicht, doch an Stelle einer besseren Sicherheitslage beschrieb dieser das Gegenteil: 93 % dieser 600.000 Menschen hatten laut IOM Syrien gar nicht erst verlassen, sie waren innerhalb des Landes geflüchtet. Im selben Zeitraum seien zudem mehr als 800.000 Syrer vertrieben worden. 10 % der Rückkehrer hätten ein zweites Mal fliehen müssen. Der Bericht schloss, eine Heimkehr sei „nicht unbedingt freiwillig, sicher oder nachhaltig“ (englisch: „not necessarily voluntary, safe or sustainable“).[6] Laut späteren IOM-Zahlen mussten zwischen Januar und Oktober sogar fast 1,5 Millionen Menschen innerhalb Syriens fliehen. Die Abgeordneten der übrigen Fraktionen reagierten mit Kopfschütteln,[7] sie warfen der AfD „Zynismus“ und „Taschenspielertricks“ vor.[8] Autoren der Süddeutschen Zeitung rezipierten die Vorstellung des Antrags unter dem Titel „Alternative Fakten für Deutschland“,[9] im Bayerischen Rundfunk wurde in dem Kontext eine veränderte Debattenkultur wahrgenommen und im Mitteldeutschen Rundfunk wurde von einer neuen Streitkultur berichtet, zu der „laute und schrille Töne sowie Provokationen“ zählen würden.[10][11][12]

Der Filmemacher Andreas Wilcke dokumentierte in seinem Film Volksvertreter, wie Kleinwächter während der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 im Kreis von Parteifreunden vor der Übertragung des Spiels der deutschen Nationalmannschaft gegen Schweden den deutschen Kader nach der Herkunft und dem ethnischen Hintergrund der Spieler sortierte; über Niklas Süle äußerte er beispielsweise, dieser sei „von Vaters Seite Ungar“. Als zum Ende des Spiels Jérôme Boateng die gelb-rote Karte sah, wurde der Platzverweis von den Zuschauern um Kleinwächter mit dem Wort „Neger“ und dem Ruf „Abschieben!“ kommentiert und Kleinwächter ergänzte: „Das müsste man auch an der Grenze machen: Rot!“[13]

Ende 2020 behauptete Kleinwächter im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie in Deutschland in einem YouTube-Video, im Entwurf zur Novelle des Infektionsschutzgesetzes werde „festgehalten, dass man eine Impfung plant“. Er rief die Zuschauer dazu auf, mit Protest-Mails „die Postfächer der Abgeordneten [zu] fluten“ und „Spontan-Demos“ vor den Wahlkreisbüros von CDU- und SPD-Abgeordneten abzuhalten, „direkt vor den Fenstern, damit die nicht mehr hören, was ihr eigenes Wort ist in den Büros“.[14]

Kleinwächter verließ Ende März 2022 nach einer Rede seines Parteikollegen Steffen Kotré das Plenum und schrieb auf Twitter: „Ich distanziere mich in aller Entschiedenheit von der widerlichen Putin-Propaganda, die Steffen Kotré heute im Bundestag verbreitet hat.“[15] Kotré hatte zur Empörung Kleinwächters ohne Beleg die russische Behauptung ukrainischer Biowaffenlabore aufgegriffen. Der Fraktionsvorstand ermahnte beide.[16]

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kleinwächter twitterte anlässlich der Amokfahrt in Münster, dass „verblendete Islamisten, diese tickenden Zeitbomben“ verantwortlich seien. Nachdem bekannt wurde, dass der Tatverdächtige ein gebürtiger Deutscher ist, löschte Kleinwächter den Tweet.[17]

Auf dem Landesparteitag der AfD in Frankfurt (Oder) am 21. März 2021 bewarb Kleinwächter sich für die Landesliste der Bundestagswahl 2021. Während einer Zwischenfrage zu seiner Bewerbungsrede bezeichnete er seinen Kommentar: „Kalbitz ist tot“ als Fehler. Andreas Kalbitz wurde 2020 aufgrund von Mitgliedschaften und Verbindungen in die rechtsextreme Szene aus der AfD ausgeschlossen.[18]

Anfang 2023 veröffentlichte Kleinwächter in den sozialen Medien die Bild-Text-Montage (Sharepic) einer künstlich erstellten Grafik (Deepfake), die mehrere aufgebrachte Männer zeigte. Die mutmaßlich mittels eines Text-zu-Bild-Generators erstellte Abbildung löste eine Diskussion um die politische Vereinnahmung der Technologie aus. Bereits zuvor hatte Kleinwächter derartige Fakes zur Karikatur eines Bundesministers verwendet.[19]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Deutscher Bundestag - AfD-Fraktion. Abgerufen am 11. November 2021.
  2. Chrupalla und Weidel als Fraktionschefs wiedergewählt. In: Tagesschau. 10. Oktober 2023, abgerufen am 18. Januar 2024.
  3. a b c Profil von Norbert Kleinwächter (Memento des Originals vom 27. Mai 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.afd.de bei der AfD
  4. Kai Biermann, Astrid Geisler, Christina Holzinger, Paul Middelhoff, Karsten Polke-Majewski: AfD-Fraktion: Rechts bis extrem im Bundestag. In: Die Zeit. 26. September 2017, abgerufen am 25. Oktober 2017.
  5. Sechs-Punkte-Plan – Abkommen zur Förderung der Rückkehr syrischer Flüchtlinge. In: Deutscher Bundestag (Drucksache 19/48). 13. November 2017.
  6. Over 600.000 Displaced Syrians Returned Home in First 7 Months of 2017. In: IOM. 11. August 2017.
  7. Birgit Schmeitzner: AfD verändert Debattenkultur. In: Bayerischer Rundfunk. 22. November 2017.
  8. Jörg Köpke, RND: Union plant Rückführungen für syrische Flüchtlinge. (Memento des Originals vom 1. Dezember 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.goettinger-tageblatt.de In: Göttinger Tageblatt. 28. November 2017.
  9. Michael Bauchmüller, Kristiana Ludwig: Alternative Fakten für Deutschland . In: Süddeutsche Zeitung. 26. November 2017.
  10. Cecilia Reible: Inszenierte Abgrenzung rechtsaußen (Memento vom 1. Dezember 2017 im Internet Archive) In: MDR. 24. November 2017.
  11. n-tv Nachrichten: "Solche Protagonisten müssen aufpassen". In: n-tv.de. (n-tv.de [abgerufen am 30. Mai 2018]).
  12. Kleinwächter, Norbert: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. In: Deutscher Bundestag Drucksache 19/1841. Abgerufen am 5. Juni 2018.
  13. Patrick Bahners: Die Wiederkehr. Die AfD und der neue deutsche Nationalismus. Klett-Cotta, Stuttgart 2023, S. 409
  14. Kristian Frigelj, Matthias Kamann: Jetzt radikalisieren sich die Impfgegner www.welt.de, 17. November 2020
  15. Jörg Ratzsch: Parteien: Streit in AfD-Spitze über Russland-Kurs. In: Stuttgarter Nachrichten. 31. März 2022, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. April 2022; abgerufen am 14. Juni 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stuttgarter-nachrichten.de
  16. Frederik Schindler: AfD: Verwerfungen wegen Russland – jetzt sind Redeverbote im Spiel. In: DIE WELT. 6. April 2022 (welt.de [abgerufen am 14. Juni 2022]).
  17. AfD-Frau von Storch provoziert mit Tweet zu Amokfahrt – so genial antwortet eine Nutzerin aus Münster! In: derwesten.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. April 2018; abgerufen am 8. April 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.derwesten.de
  18. Alles beim Alten. Abgerufen am 23. März 2021.
  19. Fake-Fotos. AfD hetzt mit künstlich generierten Bildern gegen Flüchtlinge. In: Der Standard. 26. März 2023, abgerufen am 16. April 2023 (österreichisches Deutsch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]