Markenkontrolle – Wikipedia

Ehemalige Markenkontrolle Hugo 1/4

Die Markenkontrolle im Bergbau[1] ist eine Funktions- und Gebäudegruppe auf einem Bergwerk, die ein Teil der Tagesanlagen ist[2] und die der Überwachung der während der täglichen Arbeitszeit unter Tage arbeitenden Bergleute dient.[1] Zudem wird sie genutzt, um die Arbeitszeit der Bergleute,[3] insbesondere auch die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten zwischen den Arbeitsschichten,[1] zu kontrollieren.[3] Der Name Markenkontrolle wird abgeleitet von den im Bergbau zur Kontrolle der Arbeitszeit verwendeten Fahrmarken.[1] Heute wird häufig auch der Begriff „Arbeitszeiterfassung“ verwendet.[3]

Grundlagen und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte die Anwesenheitskontrolle der Bergleute vor und nach der Arbeit unter Tage im Rahmen der Betschicht.[4] Hierzu verlas der Steiger vor oder nach dem Schichtgebet die Namen der einzelnen Bergleute und zeichnete die Anwesenheit auf seiner Liste ab.[5] Anschließend begaben sich die Bergleute an ihre Arbeit nach unter Tage.[4] Die Arbeitszeit dauerte je nach Bergrevier acht oder zwölf Stunden.[6] Bestandteil der Schichtzeit[ANM 1] war die Pause,[7] die im Bergbau der damaligen Zeit als Lösestunde bezeichnet wurde.[8] Außerdem wurde der Weg zum Arbeitsplatz zur Schichtzeit gerechnet.[6] Gearbeitet wurde überwiegend im Gedinge.[9] Das Gedinge[ANM 2] richtete sich nach mehreren Faktoren wie z. B. Art der Arbeit und den Bedingungen am jeweiligen Arbeitsplatz sowie dem durchschnittlichen Leistungsvermögen des jeweiligen Bergmannes.[10] Mit dem Übergang zum Inspektionsprinzip oblag nun die Kontrolle der Bergleute nicht mehr dem Staat, sondern den Bergwerksbesitzern.[6] Hinzu kam, dass die Bergwerke im Laufe der Jahre größer wurden und mehr Bergleute dort beschäftigt waren.[1] Um nun die Anwesenheitskontrolle rationeller gestalten zu können, wurde in den 1860er Jahren im Ruhrbergbau nach und nach auf den Bergwerken die Markenkontrolle eingeführt.[2] Nach der Einführung der Markenkontrolle konnte die Anwesenheitskontrolle per Verlesen der Namen wegfallen.[4] Zudem war es den zuständigen Aufsichtspersonen durch die Markenkontrolle leicht möglich, einen schnellen Überblick über die tatsächlich aus der Grube ausgefahrenen Bergleute zu erhalten.[2] Dadurch war nun ein wirksames Kontrollinstrument für die in der Grube befindlichen Bergleute[ANM 3] geschaffen.[1]

Lage und Aufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Lage der Markenkontrolle war auf den einzelnen Bergwerken unterschiedlich geregelt.[2] Bei neu errichteten Tagesanlagen wurde der Ort für die Markenkontrolle so gewählt, dass sie möglichst in den Betriebsweg der Bergleute integriert[ANM 4] wurde.[11] Bei vielen Bergwerken wurde die Markenkontrolle am Bergwerkseingang in das Pförtnergebäude integriert.[2] Es gab auch Bergwerke, bei denen die Markenkontrolle mit in das Gebäude der Waage- und Verladestelle integriert war.[12] Wiederum auf anderen Bergwerken wurde die Markenkontrolle in das Verwaltungsgebäude integriert.[2] In der Markenkontrolle befanden sich unterschiedlich gestaltete Tafeln, an denen die Fahrmarken aufgehängt wurden.[1] Für jede Fahrmarke war ein separater Haken für die Markennummer des jeweiligen Bergmannes vorhanden.[2] Für jede Schicht war eine extra Markentafel vorhanden.[1] Die Handhabung mit den Fahrmarken war genau vorgeschrieben.[2] Dadurch war zu jeder Zeit die Überwachung der in der Grube befindlichen Bergleute und die Einhaltung der Ruhepausen zwischen den Arbeitsschichten sichergestellt.[1] Im Laufe der Jahre kamen aufgrund unterschiedlicher Veränderungen weitere Kontrollinstrumente innerhalb der Markenkontrolle hinzu.[13] Insbesondere die über Tage arbeitenden Bergleute mussten bei bestimmten Gedingen berücksichtigt werden.[14] Die sich verändernden betrieblichen und tariflichen Bedingungen sorgten dafür, dass die einfache Markenkontrolle nicht mehr ausreichte[ANM 5] und um eine größere Anzahl von unterschiedlichen Karteikarten aufgestockt wurde.[13] So wurden nun Hollerithkarten zur Schichtzeiterfassung der Bergleute angewendet.[15] Die bisher zur Überwachung der unter Tage arbeitenden Bergleute inklusive deren Schichtzeiterfassung durch die bis dahin eingesetzten Marken aus Metall wurde durch die neuartigen Zeitkontrollkarten ersetzt.[13]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i Fritz Baum: Einrichtungen zur Überwachung der Arbeiter in der Grube und Kontrollmaßnahmen zur Gewährleistung einer achtstündigen Ruhezeit. In: Glückauf, Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift. Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund (Hrsg.), Nr. 25, 44. Jahrgang, 20. Juni 1908, S. 889–895.
  2. a b c d e f g h Walter Buschmann: Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau, Aachener Revier und westliches Ruhrgebiet. Gebr. Mann Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-7861-1963-5, S. 120, 121, 349, 612.
  3. a b c Tilo Cramm, Joachim Huske: Bergmannssprache im Ruhrrevier. 5. überarbeitete und neu gestaltete Auflage, Regio-Verlag, Werne 2002, ISBN 3-929158-14-0.
  4. a b c Verein Mansfelder Berg- und Hüttenleute e. V. (Hrsg.): Mitteilung 78, Juni 2005, S. 3–7.
  5. Eduard Heuchler: Album für Freunde des Bergbaues. Enthalten eine Folge von vierzehn bildlichen Darstellungen aus dem Berufsleben des Berg- und Hüttenmannes, Verlag von J. G. Engelhardt, Freiberg 1855, S. 4.
  6. a b c Otto Hue: Die Bergarbeiter. Historische Darstellung der Bergarbeiter-Verhältnisse von der ältesten bis in die neueste Zeit, zweiter Band, Verlag von I. H. W. Dietz Nachf., Stuttgart 1913, S. 149.
  7. Johann Joachim Lange: Einleitung zur Mineralogia Metallvrgica in welcher die Kenntniß und Bearbeitung der Mineralien nebst dem Bergbau kurz und deutlich vorgetragen wird. Bey Johann Jacob Curt, Halle 1770, S. 194–196.
  8. Erklärendes Wörterbuch der im Bergbau in der Hüttenkunde und in Salinenwerken vorkommenden technischen und in Salinenwerken vorkommenden technischen Kunstausdrücke und Fremdwörter. Verlag der Falkenberg’schen Buchhandlung, Burgsteinfurt 1869.
  9. Verein für bergbauliche Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund (Hrsg.): Wirtschaftliche Entwicklung des Niederrheinisch-Westfälischen Steinkohlen-Bergbaues in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dritter Teil, Springer Verlag, Berlin / Heidelberg 1904, S. 69.
  10. Karl Heinz Bader, Karl Röttger, Manfred Prante: 250 Jahre märkischer Steinkohlenbergbau. Ein Beitrag zur Geschichte des Bergbaues, der Bergverwaltung und der Stadt Bochum. Studienverlag Dr. N. Brockmeyer, Bochum 1987, ISBN 3-88339-590-0, S. 66.
  11. Hans Väth: Zechenbauten Über Tage. Dissertation an der Technischen Hochschule Carolo-Wilhelmina, Druck von Fr. Wilh. Ruhfus, Dortmund 1929, S. 16, 17.
  12. Der Ankauf des Steinkohlenbergbaues der Steinkohlengewerkschaft in Brzeszcze durch den Staat. Zusammengestellt im k.k. Ministerium für öffentliche Arbeiten, Selbstverlag des k.k. Ministeriums für öffentliche Arbeiten, Wien 1913, S. 6, 10.
  13. a b c A. Meyer: Neuartige Belegschafts- und Zeitkontrolle in Bergwerksbetrieben. In: Glückauf, Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift. Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund (Hrsg.), Nr. 23, 64. Jahrgang, 9. Juni 1928, S. 784–790.
  14. R. Hammer: Gedinge in Zechenwerkstätten. In: Glückauf, Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift. Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund (Hrsg.), Nr. 13, 60. Jahrgang, 29. März 1924, S. 235, 236.
  15. Franz Haurenherm: Von der Hollerithmaschine zum Computer. IBM Datenverarbeitung in der Verwaltung, Diplomica Verlag GmbH, Hamburg 2012, ISBN 978-3-8428-1889-7, S. 8–20.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Heute beträgt die tarifliche Arbeitszeit im Bergbau unter Tage, inklusive einer 30-minütigen Pause, acht Stunden. An Arbeitsplätzen mit erhöhten klimatischen Belastungen beträgt die Arbeitszeit inklusive Pause sieben Stunden. (Quelle: Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon.)
  2. Heute gibt es im Bergbau neben dem Gedinge auch die Schichtlohnarbeit. Der Bergmann wird hierbei anhand der geleisteten Arbeitszeit entlohnt. (Quelle: Tilo Cramm, Joachim Huske: Bergmannssprache im Ruhrrevier.)
  3. Trotz dieser Kontrollmaßnahmen kam es gelegentlich vor, dass Bergleute die Kontrolle umgingen, indem sie ihre Fahrmarke von einem anderen Bergmann abwerten ließen. Dadurch war es ihnen möglich, die Schichtzeit eigenständig zu verkürzen. (Quelle: Fritz Baum: Einrichtungen zur Überwachung der Arbeiter in der Grube und Kontrollmaßnahmen zur Gewährleistung einer achtstündigen Ruhezeit.)
  4. Insbesondere wurde hierbei darauf geachtet, dass die Büros, in denen der Bergmann dienstliche oder persönliche Dinge erledigen musste, so angeordnet waren, dass sie erst nach der Markenkontrolle kamen. Zudem wurden diese möglichst so gruppiert, dass sie sich im Bereich der Lohnhalle befanden. (Quelle: Hans Väth: Zechenbauten Über Tage.)
  5. Durch den Ausbau der sozialen Versicherung im Bergbau, sowie der Einführung der Tarife im Bergbau, war die alte Kontrolle mittels Fahrmarken nicht mehr ausreichend. Hinzu kam, dass umfangreiche Angaben an die Bergbehörde und an andere Stellen erfasst und weitergeleitet werden mussten. (Quelle: A. Meyer: Neuartige Belegschafts- und Zeitkontrolle in Bergwerksbetrieben.)