Magnet – Wikipedia

Magnetfeldlinien um einen Stabmagneten (physikalisch berechnet)
Eisenspäne auf Papier, die sich entsprechend dem Feld eines darunter befindlichen Stabmagneten ausgerichtet haben

Ein Magnet (von altgriechisch μάγνης λίθος mágnēs líthos, deutsch ‚Stein aus Magnesia, bzw. lateinisch lapis Magnēs über mittelhochdeutsch magnete, „Magnet, Magneteisenstein“[1]) ist ein Körper, der ein magnetisches Feld in seiner Umgebung erzeugt. In diesem Feld werden bestimmte andere Körper magnetisch angezogen oder abgestoßen. Magnetische Anziehung oder Abstoßung ist ein grundlegendes Naturphänomen – der Magnetismus.

Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Richtung und Stärke magnetischer Kräfte kann man durch Feldlinien anschaulich darstellen. Ein Magnet besitzt ein Magnetfeld, das durch seine Oberfläche hindurch auch in sein Inneres reicht. Die Oberflächenbereiche, die vom überwiegenden Teil des Magnetfeldes durchsetzt werden, heißen die „Pole“ des Magneten; nach gängiger Konvention treten die Feldlinien am „Südpol“ (meist grün dargestellt) in den Magneten ein und am „Nordpol“ (meist rot dargestellt) aus. Die Magnetfeldrichtung ist durch die Kraftwirkung auf einen Probemagneten definiert.

Magnetische Monopole, also einzelne Nord- oder Südpole ohne ihren Widerpart, sind spekulativer Natur und konnten bisher nicht experimentell nachgewiesen werden. Zwar haben Experimente[2][3] monopolähnliche Strukturen in bestimmten Festkörpern nachgewiesen; auch diese treten aber stets paarweise auf und können zwar als Quellen der Magnetisierung, aber nicht des Magnetfelds selbst angesehen werden (siehe Magnetischer Monopol).

Auch viele Gesteine haben magnetische Eigenschaften. Das Erdmagnetfeld, nach dem sich Kompassnadeln ausrichten, entsteht nur zu einem geringen Teil durch solche magnetisierten Gesteine in der Erdkruste und zum großen Teil durch tiefer liegende Strömungen von elektrisch leitender Materie, also durch konkrete, makroskopische Ströme.

Man unterscheidet folgende Arten des Magnetismus:

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Magnetmineral in russischer Messingfassung. 18. Jahrhundert. Focke-Museum, Bremen

Bevor der Zusammenhang von Magnetismus und Elektrizität bekannt wurde, waren magnetische Phänomene und Nutzungen nur unter Zuhilfenahme natürlicher Magneteisensteine zu beobachten und zu verwenden. Die praktische Anwendung galt vor allem dem Kompass. Dessen Prinzip war schon im vorchristlichen China und in der griechischen Antike bekannt. Nach dem römischen Dichter Lukrez (De rerum natura) wurden die Magneteisensteine nach der Landschaft Magnesia in Griechenland benannt, wo diese Steine schon sehr früh gefunden wurden.[4] Eine weitere Anwendung war die Entfernung von in den Körper eingedrungenen Eisenspitzen aus einer Wunde. Solche „Magnetoperationen“ sind bereits in der altindischen Medizin nachweisbar und wurden später auch von Wilhelm Fabry beschrieben.[5]

Bei Augustinus wird das Bild vom Magneten (lateinisch lapis magnetis[6]) noch allegorisch verwendet.[7] Der mittelalterliche englische Theologe und Naturforscher Alexander Neckam veröffentlichte gegen 1200 die frühesten europäischen Aufzeichnungen über die Magnetisierung von Kompassnadeln, und Petrus Peregrinus de Maricourt beschrieb 1269 erstmals die Polarität von Magneten. Grundlegendes zum Magnetismus, z. B. die Kenntnis von der Magneteigenschaft der Erdkugel, trug William Gilbert bei, indem er systematisch und experimentierend vorging,[8] nach seinem Vorschlag konzentrierte man mithilfe kleiner Eisenkappen an den Polen der Magnetsteine die Kraftlinien. Servington Savery magnetisierte 1730, wie zuvor ihm schon William Gilbert, Eisenstäbe durch Bestreichen mit natürlichen Magneten.[9] Die ungebrochene Faszination des auch im 18. Jahrhundert in seinen Ursachen noch unklaren Magnetismus spiegelt der lange Artikel Magnet in der Oekonomischen Encyclopädie von Johann Georg Krünitz.[10] 1820 entdeckte Hans Christian Ørsted Zusammenhänge zwischen elektrischem Strom und Magnetismus. Erst dies war die Voraussetzung für die Entwicklung der Elektrotechnik.

Dauermagnet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Handmagnet zum Abtrennen magnetischer Schwerminerale

Dauermagneten (auch Permanentmagneten genannt) behalten nach einer Magnetisierung diese über lange Zeit bei. Zur Herstellung dienen heute metallische Legierungen aus Eisen, Nickel und Aluminium mit Zusätzen aus Cobalt, Mangan und Kupfer oder auch keramische Werkstoffe (Barium- bzw. Strontiumhexaferrit). Besonders starke Magneten werden im Sinterverfahren aus seltenen Erden hergestellt, wie zum Beispiel Samarium-Cobalt oder Neodym-Eisen-Bor. Verwendung finden Dauermagneten in Kompassen als Magnetnadel, in Elektromotoren, in elektrischen Messinstrumenten (zum Beispiel Drehspulinstrumenten), in Lautsprechern, Kopfhörern, Mikrofonen und Gitarrentonabnehmern sowie in vielen anderen modernen Geräten wie Druckköpfen von Nadeldruckern, Festplattenlaufwerken, Aktoren und Sensoren und Metall-Abscheidern. Die einfachste Anwendung als Haltemagnet auf Eisen hält Möbeltüren, Handtaschen, den Deckel einer extravaganten Kartonverpackung geschlossen, Dekoration oder Infotafeln an Blechstreben einer abgehängten Zwischendecke, Notizen auf einer „Magnettafel“ (eigentlich mittels Magnetknopf auf Blech), ein mit Stahlblech versehenes Smartphone auf einer Magnethalterung, eine Warn- oder Arbeitsleuchte auf Autoblech, Pseudopiercings etwa an der Wange.

Mit Hilfe eines von einem anderen magnetischen Körper oder durch elektrischen Strom erzeugten Magnetfeldes können ferromagnetische Stoffe vorübergehend (sogenannter induzierter Magnetismus) oder dauerhaft durch Ausrichtung der Weiss-Bezirke selbst zu Magneten werden.

Auf diese Weise werden übliche Dauermagneten hergestellt.

Elektromagnet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Elektromagneten bestehen im Allgemeinen aus einer oder zwei stromdurchflossenen Spulen, meistens mit einem Kern aus einem weichmagnetischen Werkstoff, im einfachsten Fall aus Weicheisen. Diese Anordnung führt zu einem starken Magnetfeld, siehe hierzu Elektromagnetismus. Man verwendet Elektromagneten für zahlreiche kleine und große technische Einrichtungen, z. B. fremderregte Elektromotoren und Generatoren, Relais, Schütze, Zug-, Hub- und Stoßmagneten, elektrischer Türöffner.

Wechselstrom-Elektromagneten finden sich in Membranpumpen (z. B. zur Aquarium-Belüftung) und Schwingförderern.

Als Sonderfall weisen Ablenkspulen beispielsweise in einer Kathodenstrahlröhre keinen Kern auf und wirken so, als Luftspule, ebenfalls als Elektromagnet.

Mit Elektro-Magnetfiltern können ferromagnetische Feststoffe aus Flüssigkeiten abgetrennt werden. Diese Feststoffe bestehen überwiegend aus Eisenoxiden. Diese werden beispielsweise aus den Umlaufkondensaten von Kraftwerken und den Umlaufwässern von Fernheiznetzen abfiltriert.

Magnetische Flussdichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab einer magnetischen Flussdichte von etwa 2 T (Sättigungsfeldstärke) sind die üblichen ferromagnetischen Werkstoffe für den Kern eines Elektromagneten in der Sättigung und können nicht mehr zur Verstärkung des Feldes beitragen. Ohne die Unterstützung durch den Kern können z. B. wie in einer Luftspule auch bedeutend größere Flussdichten erreicht werden, allerdings mit viel höherem Energieaufwand.

Supraleitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Verwendung von supraleitenden Werkstoffen zur Wicklung eines Elektromagneten ist es möglich, magnetische Flussdichten bis ca. 20 Tesla im Dauerbetrieb zu erreichen. Da die Sprungtemperatur der Supraleitung bei solchen Magnetfeldern und Stromdichten stark absinkt, müssen die Spulen dazu in mit flüssigem Helium gefüllten Kryostaten durch Siedekühlung bei Unterdruck auf deutlich unter 4 K gekühlt werden.

Solche Magneten sind z. B. für Kernspinresonanzspektroskopie (NMR), Kernspintomografen oder kontinuierlich arbeitende Kernfusionsreaktoren erforderlich. Im Jahr 2009 besaß der stärkste kommerziell erhältliche NMR-Magnet eine Flussdichte von 23,5 T (Bruker).

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ablenkmagnet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ablenkspule einer Kathodenstrahlröhre
Ablenkmagnet in einem Synchrotron-Teilchenbeschleuniger

Ein Ablenkmagnet ist ein Magnet (fast immer Elektromagnet), der in einem technischen Gerät eingesetzt wird, um einen Strahl aus geladenen Teilchen (z. B. Elektronen) in eine andere Richtung abzulenken. In diesem Fall wird auch eine kernlose Spule als Magnet bezeichnet.

Ablenkmagneten nutzen die Lorentzkraft, die bewegte elektrische Ladungen in einem magnetischen Feld zu einer Richtungsänderung zwingt. Ist das Feld homogen, durchfliegen die Teilchen dabei einen Kreisbogen quer zur Magnetfeldrichtung. Das Magnetfeld kann permanent oder induktiv erzeugt werden. Letztere Variante erlaubt schnelle Änderungen der Feldstärke.

Die Richtungsänderung dient meist der Fokussierung oder Lenkung eines Strahls. Zur Ablenkung von Elektronen sind Ablenkmagneten Bestandteile von:

Auch in Teilchenbeschleunigern und ihren Strahlführungen werden geladene Teilchen mit Dipolmagneten auf bestimmte Bahnen gelenkt.

Umgekehrt erlaubt der Winkel der Richtungsänderung bei bekannter Ladung Rückschlüsse auf die Masse der abgelenkten Teilchen. Dies ist die Grundlage der Massenspektrometrie.

Wirkung auf magnetische Datenträger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kommt ein magnetisch aufzeichnender Datenträger (Festplatte, Magnetstreifen einer Kreditkarte, Tonbandspulen o. ä.), in die Nähe eines stärkeren Magneten, kann das einwirkende Magnetfeld zu Datenverlusten durch Überschreiben der magnetischen Informationen des Datenträgers führen. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die Magnethalterungen von Klapptischen in Interregio-Zügen der Deutschen Bahn AG, die nicht an der Arretierposition (Lehne), sondern im Tisch angebracht, also in der Tischauflagefläche eingearbeitet waren. Die Festplatten aufliegender Laptops wurden durch diese Magnethalterungen nicht nur gelöscht, sondern beschädigt, die Datenverluste konnten nicht rückgängig gemacht werden.[11][12] Oft kommt es auch an Ladenkassen zur Zerstörung von EC-/Kreditkarten, weil dort manche Waren-Diebstahlsicherungen mittels eines starken Magneten entfernt werden.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Klaus D. Linsmeier, Achim Greis: Elektromagnetische Aktoren. Physikalische Grundlagen, Bauarten, Anwendungen. In: Die Bibliothek der Technik, Band 197. Verlag Moderne Industrie, ISBN 3-478-93224-6.
  • Hans Fischer: Werkstoffe in der Elektrotechnik. 2. Auflage, Carl Hanser Verlag, München/Wien 1982, ISBN 3-446-13553-7.
  • Horst Stöcker: Taschenbuch der Physik. 4. Auflage, Verlag Harry Deutsch, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-8171-1628-4.
  • Das große Buch der Technik. Verlag für Wissen und Bildung, Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH, Gütersloh 1972.
  • Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18. Auflage, Verlag – Europa – Lehrmittel, Wuppertal 1989, ISBN 3-8085-3018-9.
  • Horst Kuchling: Taschenbuch der Physik. 4. Auflage, Verlag Harry Deutsch, Frankfurt am Main 1982.
  • Johannes Crüger: Schule der Physik: als Anleitung zur Anstellung einfacher Versuche (Buch von 1870) Google Books online.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Magneten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Magnet – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 149 (magnete, dort auch „magnetenstain“).
  2. D. J. P. Morris et al: Dirac Strings and Magnetic Monopoles in Spin Ice (englisch)
  3. Spiegel Online: Forscher entdecken lang gesuchte Magnetismus-Exoten, 4. September 2009.
  4. Lukrez: Über die Natur der Dinge; Buch 6: Magnetismus
  5. Carl Hans Sasse: Geschichte der Augenheilkunde in kurzer Zusammenfassung mit mehreren Abbildung und einer Geschichtstabelle (= Bücherei des Augenarztes. Heft 18). Ferdinand Enke, Stuttgart 1947, S. 13 und 56.
  6. Vgl. etwa Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 233.
  7. Augustinus, De civitate Dei, XXI, Kap. 4 (Wirksamkeit der Magnetkraft durch ein Silberblech hindurch)
  8. William Gilbert, De magnete, London 1600
  9. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 26.
  10. Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyclopädie, Band 82, S. 383–431: Magnetischer Kies
  11. Löschzug, c’t 8/1998
  12. Stiftung Warentest: Blackout bei Magnetverschluß, test.de, 11/2000 (abgerufen am 4. Februar 2013)