Louis Schneider – Wikipedia

Louis Schneider

Louis Schneider (eigentlich Ludwig Wilhelm Schneider; Pseud. Sir John Retcliff, Louis Both, Ludwig Both, L. W. Both;[1] * 29. April 1805 in Berlin; † 16. Dezember 1878 in Potsdam) war Schauspieler, Theaterdichter, Militärschriftsteller, Publizist und Vorleser zweier preußischer Könige. Bekannt ist er als Mitglied im Tunnel über der Spree und Förderer der jungen Talente in dieser literarischen Sonntagsvereinigung sowie Mitbegründer historischer Vereine. In der Heereskunde hat er sich mit seinen militärischen Schriften, insbesondere der Herausgabe des Soldaten-Freundes, einen Namen gemacht.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Louis Schneider wurde als Sohn des Königlich Preußischen Kapellmeisters Georg Abraham Schneider (1770–1839) und der Sängerin Caroline Schneider-Portmann (1774–1850) geboren. Seine Schwester war die Sängerin Maschinka Schneider (1815–1882). Er trat schon mit acht Jahren in Kinderrollen auf. Von großer Vielseitigkeit als Schauspieler und Sänger fiel er 1823 König Friedrich Wilhelm III. von Preußen durch sein Theaterspiel, noch mehr aber durch seine militärischen Schriften, auf. Als Schauspieler verfasste er auch viele Theaterstücke.

1830 verfasste Schneider einen Leitfaden Instruktionen für den Landwehrmann, der es zu einer Auflage von 84.000 Stück brachte. Für die Soldaten des stehenden Heeres entstand danach im Mai 1832 der mit 211.000 Stück Auflage ebenfalls sehr erfolgreiche Soldatenfreund, ein Lesebüchlein für den preußischen Infanteristen.

1832 heiratete er die Schauspielerin Ida Buggenhagen (* 1810).[1]

Die Zeitschrift Der Soldaten-Freund. Zeitschrift für faßliche Belehrung und Unterhaltung des Preußischen Soldaten wurde von Juli 1833 bis zum Juli 1914 herausgegeben und dürfte eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste, Militär-Zeitschrift im deutschsprachigen Raum gewesen sein. Sie ist für den Militärhistoriker und Heereskundler von unschätzbarem Wert, weil sie die Entwicklung der preußischen Armee über 80 Jahre hinweg begleitete. Schneider war bis zu seinem Lebensende der Herausgeber und auch Redakteur.

Die Besonderheit des Soldaten-Freundes war, dass er für den Unteroffizier und Soldaten gedacht war. Zeitungen und Zeitschriften für Offiziere gab es bereits etliche, aber eine für den „gemeinen Mann“ war ein Novum in Preußen. Bis 1848 eine Wochenschrift, erschien sie danach monatlich. Vorbild war das ebenfalls seit 1833 erscheinende Journal de l’Armée in Paris.

1848 wurde er Regisseur des Königlichen Theaters in Berlin. Im Revolutionsjahr 1848 setzte er sich sehr für die Rückkehr des Prinzen von Preußen (dem späteren Wilhelm I.) aus dem Exil ein und gab ihm auch insbesondere mit der Wehrzeitung ein Sprachrohr. Der Prinz von Preußen verfasste viele der Artikel in dieser Zeitung anonym selbst.

Das Jahr 1848 brachte eine Wende in Schneiders Leben. Seine königstreue und konservative Gesinnung verführte ihn dazu, einen Bühnenskandal auszulösen. Bei der Aufführung seines Stückes Der Kurmärker und die Picarde hatte er das bekannte Lied O Tannenbaum zu singen, dessen Verse: „Die Treue und Beständigkeit, die soll man halten jederzeit“ er mit herausforderndem Gestus dem Publikum darbrachte. Das demokratisch gesinnte Publikum antwortete darauf mit Zischen, Pfeifen und Pochen, und als Schneider darauf die Verse noch einmal in gleicher Weise wiederholte, brach ein so gewaltiger Theaterskandal los, dass er sich veranlasst sah, seinen Abschied von der Bühne zu nehmen.

Friedrich Wilhelm IV. ließ Schneider zu sich rufen und belohnte ihn durch Ernennung zum „Vorleser“ und durch Verleihung des Hofrattitels. In seiner neuen Stellung vertrat Schneider das heitere Element in der Kunst und Literatur am Hofe. Er machte den Berliner Witz, an dem der König selbst immer großes Gefallen fand, gewissermaßen hoffähig. Unter dem Belagerungszustand rettete er die bedrohte Existenz des Kladderadatsch und schützte den damaligen Redakteur David Kalisch vor der Ausweisung. Auch sonst nutzte er in diskreter Weise seinen Einfluss zugunsten seiner früheren Kollegen und literarischen Freunde, besonders der Mitglieder des Tunnel über der Spree. Hauptsächlich auf seine Verwendung hin wurde der Dichter Ernst Scherenberg mit einer Pension bedacht. Auch seinen ehemaligen Schauspielerkollegen bewahrte er eine fürsorgliche Gesinnung. Er gründete die erste Altersversorgungsanstalt für deutsche Bühnenangehörige. Ebenso gründete er den Verein für die Geschichte Berlins (1865) und Potsdams (1862), nachdem er schon durch einige historische Werke seine gründlichen Kenntnisse auf diesem Gebiete bewiesen hatte. Dem Verein für die Geschichte Berlins stand er von 1868 bis 1878 als Vorsitzender vor und prägte so die Gründungsjahre maßgeblich.[2]

Seine große Gewandtheit, sein Sprachtalent, seine persönliche Liebenswürdigkeit und seine Zuverlässigkeit und Diskretion erwarben ihm das Vertrauen des Königs. Schneider wurde ständiger Begleiter Friedrich Wilhelms IV. auf dessen Reisen. Besonderes Vertrauen schenkte ihm der russische Zar, bei dessen Besuchen in Berlin Schneider stets vor ihm erscheinen musste. Er war mit allen russischen Angelegenheiten bestens vertraut und hatte für die Kreuzzeitung Berichte aus St. Petersburg geschrieben.

Im Schleswig-Holsteinischen Feldzug wurde er der erste preußische Kriegsberichterstatter, denn Zeitungsredakteure bei der Truppe waren bis dahin unbekannt.

Nach dem Tode Friedrich Wilhelms IV. konnte Schneider nicht mehr in seiner bisherigen Stellung verbleiben. Er wurde mit der Aufsicht der königlichen Privatbibliothek beauftragt und zum Geheimen Hofrat befördert. In dieser Eigenschaft begleitete er den König als Sekretär und offizieller Berichterstatter für den Staatsanzeiger während des österreichischen Feldzuges. Auch am Krieg gegen Frankreich 1870/71 nahm er teil als Begleitung des Königs; er schreibt in seinen Lebenserinnerungen u. a. darüber, wie er als Freimaurer in Versailles an der Vorbereitung der Einrichtung einer Feldloge beteiligt war.[3]

Im Dienste Wilhelms I. nahm er auch Funktionen als dessen Pressesprecher und kleinere diplomatische Missionen wahr. Als erzkonservativer, legitimistischer Verehrer der preußischen Monarchie und des autokratischen Zaren war er schon bald in der Dichtervereinigung Tunnel über der Spree Gegenstand des Spotts. Doch Theodor Fontane würdigt in seinen Lebenserinnerungen ausführlich seine Verdienste als Förderer junger Talente.

Nach seiner Rückkehr aus Frankreich lebte Schneider in Potsdam, wo er noch grundlegende Werke der Ordenskunde verfasste. Am dortigen Palais Ritz ist eine Plakette zu seinem Gedenken angebracht.

Schneider brachte es zu einer einzigartigen Sammlung von Bildern zur Theatergeschichte, die später den Grundstock des Museums der Preußischen Staatstheater bildete.[4]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reihenwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Max Ring: Louis Schneider. Ein Gedenkblatt. In: Deutsches Montagsblatt, 2. Jg., Nr. 51, 1878, S. 5.
  • Karl Wippermann: Schneider, Ludwig. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 32, Duncker & Humblot, Leipzig 1891, S. 134–142.
  • Rolf Badenhausen (Hrsg.): Die Bildbestände der Theatersammlung Louis Schneider im Museum der Preußischen Staatstheater Berlin. Systematischer Katalog. Gesellschaft für Theatergeschichte, Berlin 1938 (Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte, 50).
  • Lore Schatten: Louis Schneider. Porträt eines Berliners. In: Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins, Berlin 1958, S. 116–141.
  • Roland Berbig: Aus dem »Tunnel«-Archiv: Louis Schneider: Geschichte des Sonntags-Vereins in den ersten 10 Jahren seines Bestehens. In: Fontane Blätter, Heft 50, 1990, S. 10–17, ISSN 0015-6175.
  • Roland Berbig: Der Soldaten-Freund. In: Theodor Fontane im literarischen Leben. Zeitungen, Zeitschriften, Verlage und Vereine. Dargestellt von Roland Berbig unter Mitarbeit von Bettina Hartz. Berlin 2000, ISBN 3-11-016293-8, S. 109–113 (Schriften der Theodor Fontane Gesellschaft, 3).
  • Karl-Josef Kutsch, Leo Riemens: Großes Sängerlexikon, Band 6. K. G. Saur, München 2003, S. 4239.
  • Ruth Freydank: Der Fall Berliner Theatermuseum: Teil 1. Geschichte – Bilder – Dokumente. Berlin 2011, S. 174 ff.
  • Gerald Ducke: Louis Schneider: Komiker und Soldatenfreund. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 1, 119. Jahrgang, Januar 2023, S. 508–511.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Christian Fastl: Art. Schneider, Louis (eig. Ludwig Wilhelm; Pseud. Sir John Retcliff, Louis Both, Ludwig Both, L. W. Both). In: Oesterreichisches Musiklexikon online, Gründung von Rudolf Flotzinger, Hrsg. Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15. Mai 2005), Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, abgerufen am 22. Januar 2024.
  2. Martin Mende: 150 Jahre Verein für die Geschichte Berlins. Berlin 2015.
  3. Aus meinem Leben. Band III. 2. Auflage. Verlag E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1880, S. 352 f.
  4. Vgl. Gerald Ducke: Louis Schneider: Komiker und Soldatenfreund. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 1, 119. Jahrgang, Januar 2023, S. 508.
  5. Kein belegbares Exemplar nachweisbar. Vgl. Nachweis, in: Verzeichniss im Jahre 1845 in Berlin lebenden Schriftsteller und ihrer Werke, in: Gelehrtes Berlin im Jahre 1845, Vorwort W. Koner, Verlag von Th. Scherk, Athenaeum in Berlin 1846, S. 317.