Landeskirche – Wikipedia

Eine Landeskirche ist ein in der Regel territorial abgegrenzter Zusammenschluss von volkskirchlichen Gemeinden. Meist bildet er eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (Deutschland). In Liechtenstein ist der Begriff Landeskirche gleichbedeutend mit Staatskirche.

Landeskirche im Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bezogen auf die vorreformatorische Zeit wird unter dem Begriff der Landeskirche die Kirchenorganisation eines bestimmten Territoriums verstanden, die zwar im Regelfall einer übergeordneten Autorität (dem Papst oder einem Patriarchen) unterstellt war, aber ein erhöhtes Maß an Selbstständigkeit besaß, insbesondere was ihre innere Struktur und ihr Verhältnis zum jeweiligen weltlichen Herrscher betraf. Das Vorhandensein einer eigenen Landeskirche spielte eine große Rolle für die Abgrenzung vor allem frühmittelalterlicher Reiche gegenüber anderen Territorien.

Landeskirchen in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Deutschland ergab sich der Begriff im heutigen Verständnis aus einer Notsituation: Anders als in Skandinavien und England gingen die deutschen Bischöfe in ihrer großen Mehrheit nicht zur Reformation über, so dass es nicht möglich war, das hergebrachte Diözesansystem unter dem Vorzeichen des neuen Bekenntnisses weiter bestehen zu lassen. Daher forderte Martin Luther, dass die weltlichen Landesherren behelfsweise die bischöfliche Funktion in ihren Territorien ausüben sollten. Diese Herrschaft, die die Territorialfürsten oder städtischen Magistrate meist durch hierzu eingesetzte Behörden (Konsistorien) sowie durch Superintendenten bzw. Generalsuperintendenten ausübten, wurde später landesherrliches Kirchenregiment genannt.

Aus dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 ergab sich der Grundsatz cuius regio, eius religio (wessen Gebiet, dessen Religion). Danach bestimmte der Landesherr, welcher Konfession seine Untertanen angehören mussten. Dies beförderte die Ausbildung geschlossener, eigener Landeskirchen. Der Grundsatz wurde allerdings in der Praxis der Religionspolitik im Heiligen Römischen Reich mit und nach dem Dreißigjährigen Krieg bald aufgeweicht.

Bis zur Abschaffung der Monarchie in Deutschland 1918 waren die Landesherren im administrativen Bereich Landesbischöfe, und die Bindung von Kirche und Staat dadurch besonders eng. Das galt seit dem 18. Jahrhundert sogar bei Landesherren anderer Konfession. So war der (römisch-katholische) König von Bayern zugleich oberster Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. In der Praxis übten die Landesherren die Leitungsgewalt über innerkirchliche Angelegenheiten (ius circa sacra) aber meist nur indirekt aus.

Situation heute[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Evangelische Landeskirchen in Deutschland (2012)

Die heutigen Grenzen der in Deutschland existierenden 20 evangelischen Landeskirchen sind weitgehend identisch mit denen der Bundesstaaten (in Preußen: der Provinzen) im deutschen Kaiserreich, wie es bis 1918 bestand. So umfasst beispielsweise das Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland dasjenige der früheren altpreußischen Kirchenprovinz Rheinland, die territorial im Wesentlichen der preußischen Rheinprovinz entsprach, deren Gebiet heute auf vier Länder aufgeteilt ist. Das Gebiet der Landeskirche blieb dabei nahezu unverändert. Die Evangelisch-reformierte Kirche (Landeskirche) entstand durch den Zusammenschluss der Evangelisch-reformierten Kirche in Nordwestdeutschland, die im Wesentlichen auf die Evangelisch-reformierte Landeskirche der Provinz Hannover zurückgeht, und der Evangelisch-reformierten Kirche in Bayern. Weil ihre Gemeinden auf den Gebieten der Hannoverschen und der Bayerischen Landeskirche liegen und sich ihr auch reformierte Gemeinden aus weiteren Ländern anschlossen, ist sie die einzige Landeskirche der EKD, die kein eigenes Territorium aufzuweisen hat.

Größere Veränderungen gab es im NS-Staat im Bereich des heutigen Hessen. 1933 schlossen sich die Evangelische Landeskirche Frankfurt am Main, die Evangelische Landeskirche in Hessen und die Evangelische Landeskirche in Nassau zur Evangelischen Kirche Nassau-Hessen (der heutigen Evangelische Kirche in Hessen und Nassau) zusammen. 1934 folgten die Evangelische Landeskirche in Hessen-Kassel und die Evangelische Landeskirche in Waldeck zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck.

Spätere Veränderungen betrafen Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. 1977 vereinigten sich die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schleswig-Holstein, die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Eutin, die Evangelisch-Lutherische Kirche im Hamburgischen Staate und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Lübeck sowie der Kirchenkreis Harburg der hannoverschen Landeskirche zur Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche. Sie wiederum fusionierte 2012 mit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg und die Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz schlossen sich 2004 zur Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zusammen, ebenso wie 2009 die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen und die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

Übersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Landeskirche Leitender
Geistlicher
Bekenntnis Mitglied in Fläche (km²) Mitglieder[1]
(31. Dez. 2021)
Gemeinden[2]
(31. Dez. 2021)
Kirchenkreise
oder Äquivalent[A 1]
Verwaltungssitz
Evang. Landeskirche Anhalts Kirchenpräsident Joachim Liebig uniert UEK, EKD, GEKE 02.299 0027.510 0133 05 Dessau-Roßlau
Evang. Landeskirche in Baden Landesbischöfin Heike Springhart uniert UEK, EKD, GEKE ca. 15.000 1.065.065 0478 29 Karlsruhe
Evang.-Luth. Kirche in Bayern Landesbischof Christian Kopp lutherisch VELKD, EKD, LWB, GEKE 70.547 2. 201.469 1.536 68 München
Evang. Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz Bischof Christian Stäblein uniert UEK, EKD, GEKE 31.887,13 862.581 1.120 35 Berlin
Evang.-Luth. Landeskirche in Braunschweig Landesbischof Christoph Meyns lutherisch Konf.ev.Ki.Nds, VELKD, EKD, LWB, GEKE ca. 05.000 0302.733 0299 13 Wolfenbüttel
Bremische Evangelische Kirche Schriftführer: Bernd Kuschnerus uniert UEK, EKD, GEKE ? 0166.506 0063 00 Bremen
Evang.-luth. Landeskirche Hannovers Landesbischof Ralf Meister lutherisch Konf.ev.Ki.Nds, VELKD, EKD, LWB, GEKE 38.617 2.368.643 1.371 57 Hannover
Evang. Kirche in Hessen und Nassau Kirchenpräsident Volker Jung uniert UEK, EKD, GEKE 13.358,77 1.404.944 1.108 25 Darmstadt
Evang. Kirche von Kurhessen-Waldeck Bischöfin Beate Hofmann uniert UEK, EKD, GEKE ca. 10.000 0749.527 0688 26 Kassel
Lippische Landeskirche Landessuperintendent Dietmar Arends reformiert UEK, EKD, Reformierter Bund, WGRK, LWB (Lutherische Klasse), GEKE 01.157,74 0144.576 0065 07 Detmold
Evang. Kirche in Mitteldeutschland Bischof Friedrich Kramer uniert UEK, EKD, VELKD, LWB, GEKE 37.000 0637.649 1.973 38 Magdeburg, Erfurt
Evang.-Luth. Kirche in Norddeutschland Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt lutherisch VELKD, EKD, LWB, GEKE 40.227 1.839.274 920 41 Kiel, Schwerin
Evang.-Luth. Kirche in Oldenburg Bischof Thomas Adomeit lutherisch Konf.ev.Ki.Nds, EKD, LWB, GEKE,
Gaststatus in VELKD und UEK,
5.380 0381.492 0116 06 Oldenburg
Evang. Kirche der Pfalz Kirchenpräsident Dorothee Wüst uniert UEK, EKD, GEKE 5.928 0470.146 0394 20 Speyer
Evangelisch-reformierte Kirche Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden reformiert Konf.ev.Ki.Nds, UEK, EKD, Reformierter Bund, WGRK, GEKE Gemeinden in fast ganz Deutschland 0162.445 0145 11 Leer (Ostfriesland)
Evangelische Kirche im Rheinland Präses Thorsten Latzel uniert UEK, EKD, GEKE 12.704 2.335.969 0655 38 Düsseldorf
Evang.-Luth. Landeskirche Sachsens Landesbischof Tobias Bilz lutherisch VELKD, EKD, LWB, GEKE 14.900 0628.708 0338 25 Dresden
Evang.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe Landesbischof Karl-Hinrich Manzke lutherisch Konf.ev.Ki.Nds, VELKD, EKD, LWB, GEKE 00675 0046.978 0022 02 Bückeburg
Evangelische Kirche von Westfalen Präses Annette Kurschus uniert UEK, EKD, GEKE 22.200 2.056.520 0456 31 Bielefeld
Evang. Landeskirche in Württemberg Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl lutherisch EKD, LWB, GEKE,
Gaststatus in VELKD und UEK
ca. 20.000 1.869.199 1.200 47 Stuttgart

Als assoziiertes Mitglied der EKD angeschlossen:

Bis 2003 war auch die Evangelische Kirche der Union Mitglied in der EKD. Diese ging 2003 in der Union Evangelischer Kirchen auf.

Ämter und Institutionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alle evangelischen Landeskirchen sind als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert. Folgende typischen Ämter und Institutionen gibt es in jeder Landeskirche:

Gemeinschaftsaufgaben aller 20 Landeskirchen nimmt die 1946 gegründete Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wahr, die ihren Sitz in Hannover hat.

Verwaltungshierarchie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verwaltungsstruktur ist von Landeskirche zu Landeskirche unterschiedlich. Oft werden für die gleiche Verwaltungsinstanz verschiedene Bezeichnungen geführt. Um Verwirrungen zu vermeiden, soll folgende Tabelle einen Überblick über die Bezeichnungen der Verwaltungsebenen in den Landeskirchen der EKD geben. Zusätzlich wird in Klammern die Bezeichnung der personalen Leitung genannt, da auch hier in den Landeskirchen mit der gleichen Bezeichnung oft unterschiedliche Dinge gemeint sind. Kursiv werden ergänzend eventuelle Gremien der Verwaltungsebene genannt.

Landeskirche Unterste Instanz Untere Instanz Mittlere Instanz Obere Instanz

Landeskirche
Evang. Landeskirche
Anhalts
Kirchengemeinde

Gemeindekirchenrat
Kirchenkreis
(Kreisoberpfarrer)
Kreissynode
  (Kirchenpräsident)
Landessynode
Kirchenleitung
Evang. Landeskirche
in Baden
Kirchengemeinde

Kirchengemeinderat
Kirchenbezirk, auch Dekanat
(Dekan)
Bezirkssynode
Kirchenkreis, auch Prälatur
(Prälat)
 
(Landesbischof)
Landessynode
Landeskirchenrat
Evang.-Luth. Kirche
in Bayern
Kirchengemeinde

Kirchenvorstand
Dekanat
(Dekan)
Dekanatssynode
Kirchenkreis
(Regionalbischof)
 
(Landesbischof)
Landessynode
Landeskirchenrat
Evang. Kirche in Berlin-
Brandenburg-
schlesische Oberlausitz
Kirchengemeinde

Kirchenvorstand
Kirchenkreis
(Superintendent)
Kreissynode
Sprengel
(Generalsuperintendent = Regionalbischof)
 
(Bischof)
Landessynode
Kirchenleitung
Evang.-Luth. Landeskirche
in Braunschweig
Kirchengemeinde

Kirchenvorstand
Propstei
(Propst)
Propsteisynode
  (Landesbischof)
Landessynode
Kirchenregierung
Bremische
Evangelische Kirche
Kirchengemeinde


Kirchenvorstand
    (Präsident des
Kirchenausschusses)
Kirchentag
Kirchenausschuss
Evang.-Luth. Landeskirche
Hannovers
Kirchengemeinde

Kirchenvorstand
Kirchenkreis
(Superintendent)
Kirchenkreistag
Sprengel
(Landessuperintendent)
Ephorenkonferenz
(Landesbischof)
Landessynode
Landessynodalausschuss
Evang. Kirche in Hessen
und Nassau
Kirchengemeinde

Kirchenvorstand
Dekanat
(Dekan)
Dekanatssynode
Propstei
(Propst)
 
(Kirchenpräsident)
Landessynode
Kirchenleitung
Evang. Kirche von
Kurhessen-Waldeck
Kirchengemeinde

Kirchenvorstand
Kirchenkreis
(Dekan)
Kreissynode
Sprengel
(Propst)
 
(Bischof)
Landessynode
Rat der Landeskirche
Lippische Landeskirche Kirchengemeinde

Kirchenvorstand
Klasse, auch Bezirk
(Superintendent)
Klassentag
  (Landessuperintendent)
Landessynode
Landeskirchenrat
Evangelische Kirche in Mitteldeutschland Kirchengemeinde Kirchenkreis Propstsprengel (Bischof)
Landessynode
Landeskirchenrat
Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland Kirchengemeinde Kirchenkreis Sprengel (Landesbischof)
Synode
Kirchenleitung
Evang.-Luth. Kirche in
Oldenburg
Kirchengemeinde

Gemeindekirchenrat
Kirchenkreis
(Kreispfarrer)
Kreissynode
  (Bischof)
Synode
Kirchenausschuss
Evang. Kirche der Pfalz Kirchengemeinde

Presbyterium
Kirchenbezirk, auch Dekanat
(Dekan)
Bezirkssynode
  (Kirchenpräsident)
Landessynode
Kirchenregierung
Evangelisch-reformierte
Kirche
Kirchengemeinde

Kirchenrat oder
Presbyterium
Synodalverband
(Präses des Moderamens)
Synodalverbandssynode
 
  (Kirchenpräsident)
Gesamtsynode
Moderamen
Evangelische Kirche im
Rheinland
Kirchengemeinde

Presbyterium
Kirchenkreis
(Superintendent)
Kreissynode
  (Präses)
Landessynode
Kirchenleitung
Evang.-Luth.
Landeskirche Sachsens
Kirchgemeinde

Kirchenvorstand
Kirchenbezirk, auch Ephorie
(Superintendent)
Kirchenbezirkssynode
Kirchenamtsratsbereich
(Kirchenamtsrat)
 
(Landesbischof)
Landessynode
Kirchenleitung
Evang.-Luth. Landeskirche
Schaumburg-Lippe
Kirchengemeinde

Gemeindekirchenrat
Kirchenbezirk
(Superintendent)
 
  (Landesbischof)
Landessynode
Landeskirchenrat
Evangelische Kirche
von Westfalen
Kirchengemeinde

Presbyterium
Kirchenkreis
(Superintendent)
Kreissynode
  (Präses)
Landessynode
Kirchenleitung
Evang. Landeskirche
in Württemberg
Kirchengemeinde

Kirchengemeinderat
Kirchenbezirk
(Dekan)
Bezirkssynode
Prälatur, auch Sprengel
(Prälat)
 
(Landesbischof)
Landessynode
Landeskirchenausschuss

Die unterste Instanz ist in der allgemeinen Verwaltung vergleichbar mit der politischen Gemeinde, die untere Instanz mit dem Landkreis, die mittlere Instanz mit dem Regierungsbezirk und die obere Instanz mit dem Land.

Landeskirchen in der Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reformierte Landeskirchen der Schweiz

Typen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Schweiz wird das Verhältnis zwischen Kirche und Staat durch kantonale Gesetze geregelt. Bis auf den Kanton Genf und den Kanton Neuenburg kennen alle Kantone öffentlich-rechtliche anerkannte Religionsgemeinden. In allen Kantonen anerkannt sind die Evangelisch-reformierten Kirchen der Schweiz und die Römisch-katholische Kirche in der Schweiz, in manchen überdies die Christkatholische Kirche der Schweiz. Diese drei Kirchen, zumal die reformierte, werden als Landes- oder Kantonalkirchen bezeichnet. Öffentlich-rechtlich anerkannte jüdische Gemeinden haben der Kanton Basel-Stadt, der Kanton Bern, der Kanton Freiburg, der Kanton St. Gallen, der Kanton Waadt und der Kanton Zürich.

Aus historischen Gründen gibt es im Wesentlichen fünf Formen der öffentlich-rechtlichen Anerkennung:

  • Die historisch reformierten Kantone (Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Bern, Waadt, Zürich, Schaffhausen und Appenzell Ausserrhoden) kennen reformierte Landeskirchen mit synodaler Verfassung, die bis ins 20. Jahrhundert in enger Verbindung mit dem jeweiligen Kanton standen; heute sind sie jedoch weitestgehend autonom. In den Kantonen Obwalden und Tessin ist die evangelisch-reformierte Kirche zwar anerkannt, aber es gibt keine evangelisch-reformierte Kantonalkirche. Die reformierte Kirchgemeinde von Appenzell Innerrhoden ist aus praktischen Gründen Bestandteil der appenzell-ausserrhodischen Landeskirche, die reformierten Kirchgemeinden des Kantons Jura und der Solothurner Amteien Solothurn-Lebern und Bucheggberg-Wasseramt aus historischen Gründen Teil der Berner Landeskirche. Im Kanton Zürich (1963) sowie in anderen der genannten Kantonen wurde die heutige reformierte Kirchenverfassung weitgehend auch auf die katholische Kirche („römisch-katholische Körperschaft“) übertragen.
  • Die historisch katholischen Kantone (Luzern, Zug, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Uri, Tessin, Wallis, Freiburg, Solothurn, Jura und Appenzell Innerrhoden) gewähren den Kirchen weitestgehende Autonomie. Kantonalkirchliche Strukturen haben sich hier teilweise erst in der jüngeren und jüngsten Vergangenheit herausgebildet; sie fehlen bis heute in Appenzell Innerrhoden und im Wallis.
  • In den konfessionell paritätischen Kantonen (Aargau, Glarus, Graubünden, St. Gallen und Thurgau) kennen beide großen Kirchen analoge Regelungen. Sie haben wie in den historisch reformierten Kantonen synodale Verfassungen, die sie – teilweise seit alters – in Eigenkompetenz erlassen.
  • In den (historisch reformierten) Kantonen Neuenburg und Genf sind die Kirchen nicht öffentlich-rechtlich anerkannt, aber gleichwohl „Organisationen von öffentlichem Interesse“.
  • In jüngerer Zeit wurden auch nichtchristlichen Religionen vom Staat offiziell „anerkannt“ und ihnen damit gewisse, wenn auch weniger weit gehende Recht eingeräumt; in der Terminologie des Kantons Basel-Stadt spricht man hierbei von der „kleinen Anerkennung“. So sind in den Kantonen Basel-Stadt (nur eine von drei Gemeinden), Freiburg, St. Gallen und Zürich (nur zwei der vier Gemeinden[A 2]) die israelitischen Gemeinden in einzelnen Bereichen den Landeskirchen gleichgestellt,[3] und in Basel-Stadt, der Waadt und in Neuenburg genießen auch gewisse muslimische Verbände einige Privilegien.[4]

Die in den traditionell reformierten und paritätischen Kantonen geltende kantonalrechtliche Regelung der grundlegendsten Züge der Kirchenverfassung garantiert somit auch in den katholischen Kirchgemeinden demokratische Strukturen, die weltweit einzigartig sind, mit dem katholischen Kirchenrecht allerdings im Widerspruch stehen.

Evangelisch-reformierte Landeskirchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Landeskirche Präsident Fläche (km²) Kirch- gemeinden Mitglieder (Stand: 2012) Verwaltungssitz
Reformierte Landeskirche Aargau Kirchenratspräsident: Christoph Weber-Berg 1’404 75 180’349 Aarau
Evangelisch-reformierte Landeskirche beider Appenzell Kirchenratspräsident: Kurt Kägi-Huber 416 20 25'093 Trogen
Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons Basel-Landschaft Kirchenratspräsident: Martin Stingelin 518 35 96'220 Liestal
Evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt Kirchenratspräsident: Lukas Kundert 37 7 30'764 Basel
Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn Synodalratspräsident: Andreas Zeller 7'589 215 642'456 Bern
Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons Freiburg Synodalratspräsident: Pierre-Philippe Blaser 1671 16 41'235 Murten
Église Protestante de Genève Präsidentin des Konsistorialrats: Charlotte Kuffer 282 34 74'456 Genf
Evangelisch-Reformierte Landeskirche des Kantons Glarus Präsident des kantonalen Kirchenrats: Ulrich Knoepfel 685 13 14'991 Glarus
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Kirchenratspräsident: Andreas Thöny 7’105 113 71'700 Chur
Evangelisch-Reformierte Kirche des Kantons Luzern Synodalratspräsident: David A. Weiss 1’493 8 42'746 Luzern
Église réformée évangélique du canton de Neuchâtel Synodalratspräsident: Christian Miaz-Frutiger 802 9 59'972 Neuenburg
Evangelisch-Reformierte Kirche Nidwalden Kirchenratspräsident: Wolfgang Gaede 276 3 4483 Stans
Verband der evangelisch-reformierten Kirchgemeinden des Kantons Obwalden Präsidentin des Verbandsrats: Theres Meierhofer-Lauffer 491 2 2'827 Sarnen
Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons St. Gallen Kirchenratspräsident: Martin Schmidt 2’026 49 112'738 St. Gallen
Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons Schaffhausen Kirchenratspräsident: Frieder Tramer 298 31 31'566 Schaffhausen
Evangelisch-reformierte Kantonalkirche Schwyz Kirchenratspräsident: Heinz Fischer 908 6 18'602
Evangelisch-Reformierte Kirche im Kanton Solothurn Synodalratspräsidentin: Verena Enzler ? 23 28'959
Evangelische Landeskirche des Kantons Thurgau Kirchenratspräsident: Wilfried Bührer 991 66 98'310 Frauenfeld
Chiesa evangelica riformata nel Ticino Synodalratspräsident: Tobias Ulbrich 2’812 3 6'856
Evangelisch-Reformierte Landeskirche Uri Kirchenratspräsident: Dieter Kolthoff 1’077 3 1'830 Altdorf
Église Évangélique Réformée du canton de Vaud Synodalratspräsidentin: Esther Gaillard 3’212 87 247'696 Lausanne
Evangelisch-Reformierte Kirche des Wallis Synodalratspräsident: Beat Abegglen 5’224 10 19'505 Sitten
Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde des Kantons Zug Kirchenratspräsidentin: Ursula Müller-Wild 239 1 17'923 Zug
Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich Kirchenratspräsidentin Esther Straub 1’729 179 461'602 Zürich

In den Kantonen Genf und Neuenburg sind die Kirchen privatrechtlich organisiert.

Römisch-katholische Landeskirchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Landeskirche Präsident Fläche (km²) Mitglieder Verwaltungssitz
Römisch-katholische Kirche im Aargau Kirchenratspräsident Luc Humbel 1’404 Aarau
Verband römisch-katholischer Kirchgemeinden des Kantons Appenzell Ausserrhoden 243 ? Herisau
Katholische Kirchgemeinden Innerrhodens 173 ? Gonten


Römisch-katholische Landeskirche des Kantons Basel-Landschaft 518 ? Liestal
Römisch-katholische Kirche des Kantons Basel-Stadt 37 ? Basel
Römisch-katholische Landeskirche des Kantons Bern Präsidentin des Landeskirchenrates: Marie-Louise Beyeler-Küffer 5959 166'500, (Stand 2016) Bern
Kirchliche Körperschaft des Kantons Freiburg 1671 Villars-sur-Glâne
Verband der römisch-katholischen Kirchgemeinden des Kantons Glarus 685 ? Näfels
Katholische Landeskirche Graubünden 7’105 Domat/Ems
Collectivité ecclésiastique cantonale catholique-romaine de la République et Canton du Jura 839 ? Delsberg
Römisch-katholische Landeskirche des Kantons Luzern 1’493 ? Luzern
Römisch-katholische Landeskirche des Kantons Nidwalden 276 ? Stans
Verband der römisch-katholischen Kirchgemeinden des Kantons Obwalden 491 Sachseln
Katholischer Konfessionsteil des Kantons St. Gallen 2’026 ? St. Gallen
Römisch-katholische Landeskirche des Kantons Schaffhausen 298 ? Schaffhausen
Römisch-katholische Kantonalkirche Schwyz 908
Römisch-katholische Synode des Kantons Solothurn 791 ? Gerlafingen
Katholische Landeskirche des Kantons Thurgau 991 Weinfelden
Römisch-katholische Landeskirche Uri 1’077 Attinghausen
Fédération ecclésiastique catholique romaine du Canton de Vaud 3’212 ? Lausanne
Vereinigung der katholischen Kirchgemeinden des Kantons Zug 239 ? Cham
Römisch-katholische Körperschaft des Kantons Zürich 1’729 ? Zürich

in den Kantonen Genf und Neuenburg sind die Kirchen privatrechtlich organisiert, und im Tessin und im Wallis gibt es nur die Bistümer.

Landeskirche in Liechtenstein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Liechtenstein ist die römisch-katholische Kirche laut Verfassungsartikel 37 II Landeskirche im Sinne einer Staatskirche. Eine Trennung von Kirche und Staat wird seit 2011 angestrebt, was sich jedoch aufgrund der verflochtenen Besitzverhältnisse als schwierig erwiesen hat. Eine Kommission erarbeitet einen Kompromissvorschlag, um die Trennung umzusetzen.[5] Das Gebiet der Landeskirche entspricht seit dem 2. Dezember 1997 dem der römisch-katholischen Erzdiözese Vaduz.[6] Bis 1997 entsprach es dem Gebiet des Dekanats Liechtenstein im Bistum Chur.[7]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kirchenkreise oder Äquivalent, aufgeführt sind für folgende Landeskirchen die Anzahl von:
  2. Zwei Gemeinden, nämlich die als Einheitsgemeinde konzipierte Israelitische Cultusgemeinde Zürich und die Jüdische liberale Gemeinde, wünschten eine Anerkennung, wogegen sich die strikt orthodox ausgerichteten Gemeinden Israelitische Religionsgesellschaft Zürich und Agudas Achim dagegen aussprachen, um eine größtmögliche Unabhängigkeit zu bewahren.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Statistik zu den Kirchengemeinden in den Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland. In: EKD. Abgerufen am 19. Februar 2023.
  2. Statistik zu den Kirchengemeinden in den Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland. In: EKD. Abgerufen am 19. Februar 2023.
  3. Archivierte Kopie (Memento vom 10. September 2007 im Internet Archive)
  4. Der Islam auf der Suche nach Anerkennung. In: Neue Zürcher Zeitung vom 24. Mai 2016.
  5. Religion, Kirche – Fürstentum Liechtenstein. Abgerufen am 3. Dezember 2017.
  6. Jugendliche mit 14 Jahren religionsmündig. Liechtensteiner Vaterland, 20. Dezember 2012.
  7. Ansprache von Papst Johannes Paul II. in Eschen-Mauren vom 8. September 1985, zitiert auf der Website des Heiligen Stuhls