Kampf um Mariupol 2014 – Wikipedia

Kampf um Mariupol 2014
Teil von: Russisch-Ukrainischer Krieg

Ukrainische Soldaten in Mariupol am 9. Mai 2014
Datum 9. Mai 2014 bis 14. Juni 2014
Ort Mariupol, Oblast Donezk, Ukraine Ukraine
Ausgang Wiedererlangung der Ordnung durch ukrainische Sicherheitskräfte[1]
Folgen Ukrainische Streitkräfte errangen volle Kontrolle über Mariupol und die unmittelbare Umgebung
Konfliktparteien

UkraineUkraine Ukraine

prorussische Kräfte prorussische Kräfte

Befehlshaber

UkraineUkraine Innenministerium der Ukraine Arsen Awakow
UkraineUkraine Bataillon DniproSerhij Demidenko (Kommandeur des Bataillons Dnipro); im Kampf getötet
UkraineUkraine Nationale Polizei der Ukraine Walerij Androschtschuk (Polizeipräsident von Mariupol; zeitweise von Separatisten gefangen genommen)[2]
UkraineUkraine
Bataillon Asow Andrij Bilezkyj[3] (Kommandeur des Bataillons Asow)

prorussische Kräfte Volksmiliz des Donbass Denis Kuzmenko[4](Anführer der prorussischen Milizionäre, von einer ukrainischen Spezialeinheit festgenommen)[5]

Verluste

20 Getötete (16 Soldaten, 4 Polizisten)
49 Verwundete (24 Soldaten, 25 Polizisten)

26 getötete Separatistenkämpfer
15–34 Gefangene
mindestens 6 desertierte Polizisten getötet[6]

mehrere tote und verletzte Zivilisten[6]

Der Kampf um Mariupol 2014 fand zwischen Sicherheitskräften der Ukraine und den Volksmiliz genannten prorussischen Kräften in der Stadt Mariupol am Asowschen Meer statt. Die militärischen Zusammenstöße in der Stadt ereigneten sich im Zeitraum vom 9. Mai bis einschließlich zum 13. Juni 2014 und endeten mit der Kontrolle der Stadt durch die ukrainischen Sicherheitskräfte.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem im April 2014 prorussische Milizen in Teilen der Oblast Donezk Regierungsgebäude unter ihre Kontrolle gebracht hatten, besetzten sie auch die Stadtverwaltung in Mariupol. Am 16. April griffen 300 prorussische Bewaffnete eine Militärbasis der ukrainischen Armee in Mariupol an. Drei Angreifer starben und mehrere wurden verletzt.[7] Laut der ukrainischen Regierung wurde das Regierungsgebäude bis zum 24. April wieder befreit.[8]

Kämpfe im Stadtgebiet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 9. Mai 2014 wurde laut ukrainischen Regierungsangaben eine Polizeistation von etwa 60 Bewaffneten angegriffen. Daraufhin fuhren mehrere ukrainische Truppentransporter der Nationalgarde in die Innenstadt, wo sie auf Widerstand der Zivilbevölkerung stießen. Die Truppentransporter durchbrachen mehrere Barrikaden und eröffneten das Feuer auf die Polizeistation, worauf die Polizeistation in Brand geriet. Nach Angaben der ukrainischen Regierung seien 20 Bewaffnete und ein Polizist ums Leben gekommen. Nach dem Gefecht zog sich die Nationalgarde aus der Innenstadt zurück und die prorussischen Separatistenkämpfer übernahmen die Kontrolle über das Stadtgebiet.[9][10][11][6]

Nach den Operationen bildete sich eine Art Bürgerwehr der Stahlarbeiter des Oligarchen Rinat Achmetow, um wieder Ruhe und Ordnung in der Stadt herzustellen, wobei ein Teil der prorussischen Milizionäre bereits vertrieben werden konnte.[12][6]

Am 25. Mai wurde gemeldet, dass der prorussische Befehlshaber Denis Kuzmenko von einer Spezialeinheit der ukrainischen Polizei festgenommen wurde; einer von Kuzmenkos Leibwächtern soll getötet worden sein.[5]

Am Morgen des 13. Juni 2014 griff die Nationalgarde, unterstützt vom Regiment Asow, das von Andrij Bilezkyj angeführt wurde, die besetzten Gebäude der Stadtverwaltung und das Theater an. Dabei wurden 5 prorussische Bewaffnete und 2 ukrainische Soldaten getötet. Am selben Tag wurden laut ukrainischen Angaben die restlichen Milizenkämpfer, die sich anscheinend unter dem Kommando eines Tschetschenen befunden hatten, aus der Stadt vertrieben.[13][14] Infolgedessen übernahmen die ukrainischen Einheiten wieder die vollständige Kontrolle über das Stadtgebiet von Mariupol und der unmittelbaren Umgebung.

Bei den Kämpfen wurde eine unklare Anzahl von Zivilisten verletzt und getötet.[6]

Weitere Angriffe über die russische Grenze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 24. August 2014 meldeten ukrainische Stellen, dass ihre Truppen in Nowoasowsk am Schwarzen Meer, an der Grenze zur Russischen Föderation, unter Artilleriefeuer lägen. Kampfpanzer und gepanzerte Fahrzeuge Russlands, unterstützt von Aufständischen, hätten die ukrainischen Truppen zum Rückzug gezwungen. Die Zivilbevölkerung wurde von den Invasoren an der Flucht gehindert. Beobachter gaben sich überzeugt, dass die Fahrzeuge nur vom Territorium der Russischen Föderation in die Ukraine vorgedrungen sein könnten und dass die Stadt von den bekannten Rebellenstellungen in der Ukraine aus nicht mit den üblichen Artilleriesystemen beschossen werden könnte.[15][16]

Die russischen oder prorussischen Kräfte rückten in der Folge bis über Schyrokyne hinaus auf Mariupol vor. Die Milizenführer äußerten auch noch nach dem Waffenstillstand vom 5. September die Absicht, Mariupol einzunehmen. Bis im April 2015 konnten die ukrainischen Truppen, nachdem in Mariupol am 25. Januar 30 Zivilisten bei einem Angriff der feindlichen Kräfte getötet worden waren, die Front wieder nach Schyrokyne zurückdrängen. Im Frühjahr 2018 wurden mutmaßlich Verantwortliche für den Feuerüberfall auf Mariupol vom 25. Januar durch das Investigativnetzwerk Bellingcat benannt.[17]

Die OSZE versuchte im April 2015 diese Front, die auch unter dem zweiten Waffenstillstand von Minsk nie zur Ruhe gekommen und von der ein Abzug der schweren Waffen nie begonnen worden war, durch eine Tag-und-Nacht-Überwachung zu beruhigen.[18][19][20]

Russische Beobachter vermuteten umgehend, dass der Angriff auf Mariupol ein Versuch Russlands sein könnte, eine Landverbindung zur Krim herzustellen und somit für eine bessere Versorgung der Krim etwa mit russischen Lebensmitteln zu sorgen.[21]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kampf um Mariupol 2014 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. tagesschau.de (Memento vom 14. Juni 2014 im Internet Archive)
  2. Avakov: In Mariupol hat ein Sniper vom Dach des Krankenhauses auf Menschen gefeuert, pravda.ua, 9. Mai 2014
  3. A special-forces unit, started from scratch, wins a key battle in Ukraine (Memento vom 20. April 2015 im Internet Archive), 21. Juni 2014
  4. https://sg.news.yahoo.com/murdered-politician-ukraine-suffered-many-knife-wounds-widow-205731439.html?guccounter=1&guce_referrer=aHR0cHM6Ly93d3cuZ29vZ2xlLmRlLw&guce_referrer_sig=AQAAAJUJnmIYsELXRKudVMqVflgTgKSsqH3bPosE_v2IOBSMuWEYeU7BT-rF0g5igEPEG5ac3cnhW9vu1ISqvlUYY0UBq95XlUKkTzFOGhnL2kvQRFGt2bjfHhH6I5IgIaJQ0XtHcyll96fxIsMomzc6Sh2tQnKkic-qjHm9YHtL5juV
  5. a b Michael Birnbaum, Fredrick Kunkle: Ukraine just elected a chocolate tycoon to lead it out of Cold War tensions. In: Washington Post. 25. Mai 2014, ISSN 0190-8286 (washingtonpost.com [abgerufen am 22. April 2022]).
  6. a b c d e Alltag im Chaos: Bürgerkrieg in der Ostukraine | SPIEGEL TV. Abgerufen am 17. April 2022 (deutsch).
  7. Putin: Ukraine government heading towards 'abyss', BBC, 17. April 2014
  8. Ukraine Crisis: Mariupol City Hall 'Liberated' by Government Forces Ibtimes.co.uk 24. April 2014
  9. Tote bei Kämpfen in ukrainischer Hafenstadt Mariupol, Deutsche Welle, 9. Mai 2014
  10. Mariupol Straßensperren unter der Kontrolle der Streitkräfte, 8 verwundete Soldaten, pravda.ua, 9. Mai 2014
  11. Ukraine: 'Blood bath' in Mariupol, BBC, 9. Mai 2014
  12. Stahlarbeiter gegen Separatisten - Die Putztruppe des Oligarchen, SPON, 16. Mai 2014
  13. [1], BBC, 13. Juni 2014
  14. [2], Aljazeera, 13. Juni 2014
  15. Christian Lowe und Maria Tsvetkova: „Exclusive: In Ukraine, an armored column appears out of nowhere“ Reuters vom 26. August 2014, gesichtet am 26. August 2014 (Memento vom 31. August 2014 im Internet Archive)
  16. Annie Gowen und Karoun Demirjian: Ukraine accuses Russia of stepping up military activity in Crimea Wp vom 27. August 2014, gesichtet am 27. August 2014
  17. Bellingcat: Das russische Militär war 2015 in das Bombardement von Mariupol verwickelt, Nowaja Gaseta, 7. Mai 2018
  18. Prorussische Armee bekennt sich – Großoffensive auf Mariupol hat begonnen, n-tv, 25. Januar 2015; abgerufen am 25. Januar 2015
  19. Interview mit OSZE-Vizechef – „Wir haben russische Soldaten gesehen“, n-tv, 11. April 2015
  20. Der Schuss zuviel, die Zeit, 16. April 2015
  21. Putins Kalkulationen, 25. Januar 2015