Kampf um Debalzewe – Wikipedia

Koordinaten: 48° 20′ 0″ N, 38° 25′ 0″ O

Kampf um Debalzewe
Teil von: Russisch-Ukrainischer Krieg

Ukrainischer T-64-Panzer bei Debalzewe im Februar 2015
Datum 16. Januar 2015 bis 18. Februar 2015
Ort Debalzewe, Oblast Donezk, Ukraine Ukraine
Ausgang Debalzewe von prorussischen Kräften erobert
Konfliktparteien

Ukraine Ukraine

Volksrepublik Donezk Volksrepublik Donezk
Volksrepublik Lugansk Volksrepublik Lugansk
unterstützt durch:
Russland Russland

Befehlshaber

UkraineUkraine Wiktor Muschenko
UkraineUkraine Serhiy Shaptala[1]
UkraineUkraine Oleksandr Syrskyj[2]
UkraineUkraine Semen Sementschenko
Issa Munajew
Adam Osmayev[3]

Volksrepublik Donezk Alexander Sachartschenko
Volksrepublik Donezk Olga Kachura[4]
Volksrepublik Lugansk Alexei Mosgowoi

Verluste

184 Gefallene,
81 Vermisste,
ca. 120 Kriegsgefangene,
ca. 500–600 Verwundete

mind. 70 Gefallene[5]

Der Kampf um Debalzewe war ein im Januar und Februar 2015 vier Wochen andauernder Kampf um die 25.000 Einwohner zählende Stadt Debalzewe im Donbass in der Ukraine. Er entwickelte sich im Rahmen des Ukraine-Kriegs seit 2014 zwischen ukrainischen Truppen und den Milizen, die für die international nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk kämpften, sowie verdeckten Streitkräften Russlands.[6] Er fand teilweise parallel zu und auch noch nach dem Abschluss des Abkommens Minsk II statt und endete mit einer Niederlage für die Ukraine.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lage nach Minsk I. Blau: Regierungskontrolle; rot: Von bewaffneten Regierungsgegnern kontrollierte Ortschaften der Ukraine.
Man beachte die ausgesetzt-keilförmige Lage des gelben Sektors.

In der ersten Jahreshälfte 2014 wurde Debalzewe von bewaffneten Milizen besetzt, die sich nach der Bildung einer Übergangsregierung in der Ukraine mit russischer Unterstützung gebildet hatten. In einer Offensive im Sommer 2014 erkämpfte die ukrainische Armee das Gebiet zurück,[7] das seitdem einen Keil zwischen den proklamierten Volksrepubliken Donezk und Lugansk im Osten der Ukraine bildete und die direkte Fernstraßen- und Bahnverbindung zwischen den sogenannten Volksrepubliken unterbrach.

Da sich in Debalzewe ein für die Region wichtiger Bahnhof an der Bahnverbindung zwischen Donezk und Luhansk befindet und dort auch die beide Städte verbindende Fernstraße M 04 verläuft, war die Stadt von strategischer Bedeutung.

Kampf 2015[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Strategisch wichtige Fernstraßenkreuzung bei Debalzewe Ende Januar 2015
Rückzug aus dem Kessel von Debalzewe

Der Ort Debalzewe liegt etwa auf halber Strecke an der Staatsstraße M 04 zwischen Donezk und Luhansk. Nach Norden führt die Staatsstraße M 03 nach Bachmut (ehemals Artemiwsk), die bis Februar 2015 unter ukrainischer Kontrolle war.[8] Ab Januar 2015 griffen die feindlichen Truppen die Regierungstruppen an der M 03 mit schweren Waffen an und es drohte die Einschließung.[9] Am 5. Februar meldeten die regierungsfeindlichen Kräfte die Eroberung von Wuhlehirsk,[10][11] und am 9. Februar die des an der M 03 liegenden Dorfes Lohwynowe (Логвинове ). Am 17. Februar 2015, also am dritten Tag nach dem offiziellen Beginn der in „Minsk II“ ausgehandelten Waffenruhe, drangen Bewaffnete in den Ort ein.[12] Nachdem mehreren tausend Soldaten der ukrainischen Streitkräfte die vollständige Einkesselung drohte, verließen sie unter weiterem Beschuss der prorussischen Milizen die Stadt in Richtung Bachmut, unter Zurücklassung von Teilen ihres Materials.[13] Am 18. Februar gab der Präsident der Ukraine Petro Poroschenko den Rückzug der ukrainischen Armee aus der Stadt bekannt, die seither unter Kontrolle der Milizen steht.[14] Von den ukrainischen Soldaten, denen die Einkreisung drohte, starben mehr als 100 beim Rückzug bzw. Durchbruch durch Umzingelung.[15]

Bei den Kämpfen kamen auch Kampfpanzer vom Typ T-72 der Russischen Streitkräfte zum Einsatz. Die Besatzungen bestanden aus russischen Soldaten, die wussten, dass es zum Kampf in der Ukraine geht, als ihre Gruppen zusammengestellt worden waren.[16]

Rechtliche Einordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Angriff und die Eroberung war eine doppelte Verletzung seitens der prorussischen Milizen, und zwar sowohl des Minsk-I-Abkommens als auch des aktuell ausgehandelten Minsk-II-Abkommens, welches das abtrünnige Gebiet auf den Umfang vom 16. September 2014 festgelegt hat.[17]

Zu diesem Zeitpunkt gehörte Debalzewe erstens nicht zum von der sogenannten „Volksrepublik Donezk“ besetzten Gebiet.[8] Zweitens bestand zum Zeitpunkt der Eroberung schon seit mehreren Tagen mit Minsk II ein bereits in Kraft getretener Waffenstillstand, der von den Rebellenmilizen ignoriert wurde.

Gemäß ukrainischen Quellen wurde im Kampf auch das System TOS-1 „Pinocchio“ eingesetzt. Gemäß dem Genfer Protokoll III über Brandwaffen von 1980 ist der Einsatz eines solchen Systems in der Nähe von ziviler Infrastruktur oder gar Zivilisten verboten.[18]

Folgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ukraine musste das Gebiet Debalzewe den regierungsfeindlichen Truppen überlassen, die nun über eine direkte Bahnverbindung zwischen den Städten Donezk und Luhansk verfügen und das von ihnen beanspruchte Gebiet auf Kosten der Ukraine erweitert haben.

Die Städte Debalzewe[13] und Wuhlehirsk[11] wurden weitgehend zerstört. Bei den Kämpfen starben auf Seite der Ukrainer nach offiziellen Angaben 179 Soldaten, 81 sind noch vermisst und 110 gerieten in Gefangenschaft.[19] Gemäß russischen Oppositionellen um Boris Nemzow sollen in Debalzewe u. a. 70 Russen, die formal ihren Austritt aus der Armee erklärt hatten, gefallen sein, davon 17 aus einer Fallschirmjäger-Einheit aus Iwanowo.[20]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kampf um Debalzewe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Oksana Grytsenko: After Debaltseve Defeat, What Next?: Out from Debaltseve hell and back to the trenches - Feb. 20, 2015. 20. Februar 2015, abgerufen am 9. Februar 2024.
  2. Новий командир на Донбасі: що відомо про генерала Сирського. In: BBC News Україна. (bbc.com [abgerufen am 9. Februar 2024]).
  3. Adam Osmayev: Cotswolds public schoolboy turned Ukraine militia commander. 7. Februar 2015, abgerufen am 9. Februar 2024 (englisch).
  4. PICTURED: The female separatist commander shelling Ukrainian forces as Putin is accused of stalling a ceasefire to allow the separatists to expand their region dailymail.online am 13. Februar 2015
  5. http://www.voanews.com/a/nemtsov-report-220-russian-soldiers-dies-din-ukraine-battles/2764166.html
  6. «Wir wussten, es geht in die Ukraine» NZZ, 3. März 2015
  7. Ukraine – Debalzewe – der nächste militärische Hotspot der Ostukraine in Tiroler Tageszeitung vom 29. Januar 2015, abgerufen am 8. März 2020.
  8. a b Shifting Lines: Russia-Backed Rebels Claim New Territory in Ukraine, Wall-Street-Journal vom 18. Februar 2015, abgerufen am 1. März 2015.
  9. Kremlin-backed separatists rain death down on Debeltseve Kyiv-Post vom 20. Januar 2015; abgerufen am 22. Februar 2015.
  10. Miliz verkündet volle Kontrolle über Uglegorsky Lenta.ru vom 5. Februar 2015, abgerufen am 4. März 2015.
  11. a b Wuhlehirsk: Stadt fast vollständig zerstört korrespondent.net vom 5. Februar 2015, abgerufen am 4. März 2015.
  12. Schlacht um Debalzewe – Zahlreiche Gefangene und viele Tote in FAZ vom 17. Februar 2015, abgerufen am 22. Februar 2015.
  13. a b Hier lachen die Rebellen den Waffenstillstand aus, auf Bild.de vom 20. Februar 2015, abgerufen am 4. März 2015.
  14. Poroschenko verkündet Rückzug aus Debalzewe Süddeutsche Zeitung am 18. Februar 2015.
  15. Alexander Kauschanski, Oliver Imhof: (S+) Ukraine – neuer Armeechef Oleksandr Syrsky: Der General, den sie »Schlachter« nennen. In: Der Spiegel. 9. Februar 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 9. Februar 2024]).
  16. Bericht eines russischen Soldaten aus der Ukraine FAZ.net vom 12. Mai 2015, abgerufen am 12. Mai 2015
  17. Länder-Analysen Nr. 146 Seite 7
  18. Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Brandwaffen Der Bundesrat, 31. Mai 2013: Es ist unter allen Umständen verboten, die Zivilbevölkerung als solche, einzelne Zivilpersonen oder zivile Objekte zum Ziel von Angriffen mit Brandwaffen zu machen.
  19. Kampf um Debalzewe: 179 ukrainische Soldaten getötet. In: RP-Online. 21. Februar 2015, abgerufen am 22. Februar 2015.
  20. Открытая Россия: Путин. Война (Memento des Originals vom 12. Juni 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/openrussia.org S. 23