Helene Weber – Wikipedia

Helene Weber, 1919

Helene Weber (* 17. März 1881 in Elberfeld (heute zu Wuppertal); † 25. Juli 1962 in Bonn) war eine deutsche Politikerin des Zentrums und der CDU. Sie galt als „einflussreichste Frau der Union“. Bekannt wurde sie als katholische Frauenrechtlerin, von der die – auf Kriege bezogene – vielfach zitierte Aussage stammt: „Der reine Männerstaat ist das Verderben der Völker.“[1] Sie ist eine der vier „Mütter des Grundgesetzes“ und hat nach anfänglicher Zurückhaltung den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ für das Grundgesetz mit erkämpft.[2]

Leben und Beruf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Mittleren Reife auf der Töchterschule in Elberfeld besuchte Helene Weber von 1897 bis 1900 das Lehrerinnenseminar in Aachen. Nach einigen Jahren Schuldienst in Haaren und Elberfeld studierte sie von 1905 bis 1909 Geschichte, Philosophie und Romanistik in Bonn und Grenoble. Dort schloss sie sich dem Studentinnenverein Hilaritas an. Anschließend ging sie als Studienrätin in den Schuldienst zurück und unterrichtete ab 1909 am Lyzeum in Bochum und ab 1911 in Köln. Sie wurde Mitglied im Zentralvorstand des Katholischen Deutschen Frauenbundes und erste Vorsitzende des Vereins katholischer Sozialbeamtinnen Deutschlands. Ab 1918 war sie Leiterin der Sozialen Frauenschule Aachen, die vom Katholischen Deutschen Frauenbund ursprünglich in Köln gegründet worden war und aus der sich später eine Abteilung in Aachen bildete, die wiederum die Keimzelle für die daraus folgende Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen wurde. 1920 wurde Weber Ministerialrätin („Vortragender Rat“)[3] im Preußischen Ministerium für Volkswohlfahrt, wo sie das Dezernat „Soziale Ausbildung“ leitete. Sie war damit der erste weibliche Ministerialrat Preußens. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) wurde sie am 30. Juni 1933 aus politischen Gründen in den Ruhestand versetzt[4] und arbeitete danach in der freien Wohlfahrtspflege.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm sie den Vorsitz des Bundesverbandes katholischer Fürsorgerinnen Deutschlands und wurde erneut stellvertretende Vorsitzende des Katholischen Frauenbundes. Nach dem Tod von Elly Heuss-Knapp wurde sie von 1952 bis 1959 Vorsitzende des Müttergenesungswerks.

Helene Weber, 1931. Autochrom von Georges Chevalier.

Helene Weber starb 1962 in Bonn. Sie wurde in der Grabstätte ihrer Familie auf dem Nordfriedhof in Recklinghausen beigesetzt.[5]

Partei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Weimarer Republik gehörte Weber dem Zentrum an. 1945 beteiligte sie sich am Aufbau der CDU. 1948 war sie Mitbegründerin der Frauenarbeitsgemeinschaft der CDU/CSU, einer Vorläuferin der heutigen Frauen Union. Von 1951 bis 1958 war sie Vorsitzende der Frauen Union.

Abgeordnete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Helene Weber im Gespräch mit Bundespräsident Theodor Heuss, 1959

Als Mitglied der Weimarer Nationalversammlung war sie 1919/20 an der Entwicklung der Weimarer Verfassung beteiligt. Von 1921 bis 1924 war sie Landtagsabgeordnete in Preußen und gehörte anschließend von Mai 1924 bis 1933 dem Reichstag an. Im März 1933 zählte sie gemeinsam mit dem früheren Reichskanzler Heinrich Brüning zu der Minderheit von Zentrumsabgeordneten, die sich gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz aussprachen. Letztlich aber beugte sie sich dem Druck ihrer Reichstagsfraktion und stimmte dem Gesetz zu, das der NSDAP den Weg zur Macht ebnete.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie in beide ernannte Landtage von Nordrhein-Westfalen berufen.[6] 1947/48 gehörte Helene Weber dem Zonenbeirat für die britische Besatzungszone an. 1948 wurde sie als CDU-Vertreterin in den Parlamentarischen Rat gewählt, um als eine von vier Frauen am Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland mitzuwirken; sie war dort als Schriftführerin Mitglied des Präsidiums. Sie ist damit eine der „Mütter des Grundgesetzes“ und hat den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ in der Verfassung unterstützt.

Von 1949 bis zu ihrem Tode war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, wo sie 1949 und 1953 den Wahlkreis Aachen-Stadt vertrat. Danach zog sie über die Landesliste ins Parlament ein. 1961 war Helene Weber nach Konrad Adenauer und Robert Pferdmenges drittältestes Mitglied des Bundestages.

Beharrlich drängte sie Bundeskanzler Adenauer, wenigstens ein Ministerium der Leitung einer Frau zu übertragen. Dies geschah 1961: Elisabeth Schwarzhaupt wurde Kabinettsmitglied.

Helene Weber war von 1950 bis 1962 auch Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Helene Weber
Briefmarke 1969 aus dem Block 50 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland

1929 erhielt Helene Weber das päpstliche Ehrenkreuz Pro Ecclesia et Pontifice. 1930 wurde sie von der Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.[7] 1956 wurde sie mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet; fünf Jahre später folgte das Schulterband zum Großen Verdienstkreuz mit Stern.

Nach Helene Weber sind zahlreiche Bildungsinstitutionen benannt, wie beispielsweise das Helene-Weber-Berufskolleg in Paderborn, die Helene-Weber-Schule in Buchen (Odenwald)[8], das Frauenbundhaus Berlin und die katholischen Familienbildungsstätten Helene-Weber-Haus in Stolberg (mit Zweigstelle und Kursorten in der Städteregion Aachen), Gelsenkirchen und Fulda. Die Kaufmännische und Sozialpflegerische Schule in Bad Saulgau wurde ebenfalls nach ihr benannt.

Außerdem gibt es seit 2009 den Helene-Weber-Preis. Der vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend ausgeschriebene Preis soll das politische Engagement von Frauen auf kommunaler Ebene fördern.

Straßen, die nach Helene Weber benannt sind[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Verständnis für die heutige Jugend. In: Bayerische Gemeinde- und Verwaltungszeitung, Jg. 1927, ZDB-ID 530016-2, S. 385 ff.
  • Der Beruf der Sozialbeamtin. In: Hermann Geib (Hrsg.), Jahrbuch für Sozialpolitik, Leipzig 1930, ZDB-ID 531255-3, S. 172–177.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Helene Weber – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Zeit, 18. Oktober 2018, S. 18 Geschichte, „Wir auch!“, zur Geschichte des Wahlrechts von Hedwig Richter.
  2. Deutsche Geschichte, Grundgesetz und Parlamentarischer Rat, Helene Weber. Webseite Bundeszentrale für politische Bildung.
  3. Ein weiblicher Vortragender Rat. In: Wiener Neueste Nachrichten. Sonn- und Montagsblatt / Wiener Neueste Nachrichten. Unabhängiges Montagsblatt / Wiener Neueste Nachrichten. Unabhängiges Organ / Wiener Neueste Nachrichten. Montag-Frühblatt / Neues Montagblatt / Neues Montagblatt. Sport vom Sonntag / Wiener Montagblatt. Sport vom Sonntag, 16. August 1920, S. 5 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wnm
  4. Beamtenpensionierungen in Preußen. In: Neues Wiener Journal, 9. September 1933, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwj
  5. Gedenken zum 135. Geburtstag von Frau Dr. Helene Weber. Stadt Recklinghausen, 21. März 2016, abgerufen am 12. Januar 2021.
  6. Helene Weber beim Landtag Nordrhein-Westfalen
  7. Gisela Muschiol und Eva Welskop-Deffaa (Hg.), Helene Weber - Beiträge zu einer Biographie. Bonn, 2014, S. 16. (online)
  8. Helene-Weber-Schule – Berufliche Schule für Ernährung, Gesundheit, Erziehung und Soziales. Abgerufen am 25. April 2023 (deutsch).