Großer Preis von Deutschland 1934 – Wikipedia

Theo Matejkos Plakat Grosser Preis von Deutschland 1934.
Der Nürburgring in seiner befahrenen Version der Nordschleife.

Der VII. Große Preis von Deutschland fand am 15. Juli 1934 auf der Nordschleife des Nürburgrings statt. Das Rennen zählte zur Kategorie der Grandes Épreuves und wurde nach den Bestimmungen der Internationalen Grand-Prix-Rennformel (Rennwagen bis maximal 750 kg Leergewicht, 85 cm Mindestbreite, Renndistanz mindestens 500 km) über 25 Runden à 22,810 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 570,25 km entsprach.

Sieger wurde Hans Stuck auf Auto Union Typ A[1][2], der damit gleichzeitig den ersten Grand-Prix-Sieg seiner Karriere wie auch für die Auto Union erringen konnte.

Der Große Preis von Deutschland von 1934 war der letzte offizielle Grand Prix, bei dem überrundete Fahrer das Rennen nach der Zieldurchfahrt noch über die verbleibende Zahl an Runden zu Ende fahren mussten, um in die Wertung zu kommen.

Rennen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Debakel beim französischen Grand Prix standen die beiden deutschen Rennställe von Mercedes-Benz und Auto Union bei ihrem Heimrennen unter starkem Erfolgsdruck. Dazu kamen in beiden Lagern obendrein noch personelle Probleme bei der Besetzung der Cockpits hinzu. Bei der Auto Union war der zweite Stammfahrer im Team, Hermann zu Leiningen, ernsthaft erkrankt, so dass als Ersatz für ihn der frühere Bugatti-Privatfahrer Ernst Günther Burggaller einen der gewöhnungsbedürftigen Heckmotorrennwagen neben Hans Stuck und August Momberger fuhr. Noch größer waren die Probleme im Mercedes-Team, dessen „Mannschaftskapitän“ Rudolf Caracciola vor allem bei langen und anspruchsvollen Rennen noch immer von seinen im Vorjahr in Monaco erlittenen Verletzungen stark behindert wurde. Als Ersatz für ihn war der Italiener Luigi Fagioli verpflichtet worden, der ob des vorzeitigen Comebacks Caracciolas in Linas-Montlhéry um seinen Status im Team bangte. Dritter Fahrer des Teams war Manfred von Brauchitsch, auf dem nach seinem Sieg beim Eifelrennen ebenfalls einige Hoffnungen für den Deutschland-Grand-Prix an gleicher Stelle lagen, doch er hatte sich bei inoffiziellen Testfahrten im Vorfeld des Grand Prix bei einem Unfall verletzt, so dass er nicht zum Rennen antreten konnte. Ernst Henne, der eigentliche Ersatzmann im Team, lag mit einer schweren Erkältung im Bett, so dass auch das Mercedes-Team mit dem Nachwuchsfahrer Hanns Geier einen unerfahrenen Piloten ins Cockpit des dritten Mercedes-Benz W 25 setzen musste.

Einzige ernst zu nehmende Konkurrenz für die deutschen Teams auf dem Nürburgring war die italienische Scuderia Ferrari, die im Namen von Alfa Romeo den Einsatz der Werksrennwagen Alfa Romeo Tipo B/P3 betrieb. Dieses schon 1932 – als erster Monoposto für den Grand-Prix-Sport überhaupt – entwickelte Modell stand zwar an Motorleistung und Fahrverhalten etwas zurück, galt aber auf der anderen Seite im Gegensatz zu den hochgezüchteten neuen Silberpfeilen aus Deutschland, die häufig noch von Anfangsschwierigkeiten betroffen waren, bereits sehr ausgereift. Auch bei den Fahrern bot das italienische Team mit Louis Chiron, Achille Varzi und der neuen Grand-Prix-Hoffnung Guy Moll eine absolute Spitzenbesetzung auf, so dass der Ausgang des Rennens, zumal nach dem Alfa-Romeo-Dreifachsieg beim Französischen Grand Prix, völlig offen war.

Für den Rest des Teilnehmerfelds, der praktisch ausschließlich aus Privatfahrern – ob mit oder ohne Werksunterstützung – zusammengesetzt war, bestanden dagegen von vornherein nur geringe Erfolgsaussichten. Dies galt auch für einen absoluten Spitzenpiloten wie Tazio Nuvolari, der nach seinen enttäuschenden Erfahrungen bei Bugatti (und weil das französische Team nicht für das Rennen gemeldet hatte) nun wieder mit seinem eigenen, nicht mehr wirklich konkurrenzfähigen Maserati 8CM aus dem Vorjahr antreten musste. Außerdem wurde auch er beim Fahren noch erheblich durch die Verletzungen behindert, die er sich etwas früher in der Saison bei einem Rennunfall in Alessandria zugezogen hatte.

Am Renntag hatte Chiron auf Alfa Romeo aus der – wie üblicherweise noch immer ausgelosten – Startaufstellung heraus wieder einmal den besten Start. Auf dem langen und kurvenreichen Kurs gab es für Auto-Union-Fahrer Hans Stuck jedoch ausreichend Gelegenheit, sich noch vor dem Ende der ersten Runde an die Spitze zu setzen. Auch Mercedes-Fahrer Caracciola hatte Chiron zu diesem Zeitpunkt bereits hinter sich gelassen und wenige Runden später rückte sein Stallkollege Fagioli auf den dritten Rang vor. An den drei Alfa Romeos stellten sich zudem nun zunehmend Getriebeprobleme ein und nach sieben Runden war nur noch das Auto von Chiron übrig geblieben, der aber das Tempo der drei Wagen vor ihm nicht mehr mithalten konnte. Diese Reihenfolge blieb dann zunächst längere Zeit bestehen, bis es Caracciola kurz nach Halbzeit des Rennens gelang, mit dem Manöver des Jahres Stuck im Karussell auf der Außenbahn zu überholen. Caracciolas Glück währte jedoch nicht allzu lange, denn kurz darauf musste er seinen Silberpfeil fast an der gleichen Stelle mit Motorschaden abstellen. Damit war Stuck wieder vorn und gab seine Führung auf Fagioli, die sich bei etwa zwei Minuten Vorsprung einpendelte, bis zum Rennende nicht mehr ab.

Vor einer begeisterten heimischen Kulisse von 200.000 Zuschauern feierte Hans Stuck, der bis dahin vorwiegend bei Bergrennen erfolgreich gewesen war, nicht nur seinen ersten großen Sieg bei einem Rundstreckenrennen, sondern auch den ersten Grand-Prix-Sieg für Auto Union sowie für die neuen deutschen Silberpfeile insgesamt. Hinter Fagioli konnte sich Chiron, dem zum Schluss nur noch ein Gang zur Verfügung gestanden hatte, als Dritter ins Ziel retten.

Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Meldeliste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Team Nr. Fahrer Info Chassis Motor Reifen
NS-Staat Auto Union AG 01 NS-Staat Hans Stuck Auto Union A Auto Union 4.4L V16 Kompressor C
02 NS-Staat August Mombergera
03 NS-Staat Ernst Günther Burggaller
NS-Staat Wilhelm Sebastian RES
Vereinigtes Konigreich Whitney Straight Ltd. 04 Vereinigtes Konigreich Hugh Caulfield Hamilton Maserati 8CM Maserati 3.0L I8 Kompressor D
NS-Staat Paul Pietsch 05 NS-Staat Paul Pietsch DNAb Alfa Romeo Monza Alfa Romeo 2.6L I8 Kompressor
NS-Staat Daimler-Benz AG 06 NS-Staat Rudolf Caracciola Mercedes-Benz W 25 Mercedes-Benz M 25 A 3.4L I8 Kompressor C
07 NS-Staat Manfred von Brauchitsch DNSc
08 NS-Staat Ernst Jakob Henne DNAd
08 NS-Staat Hanns Geiere
09 Italien 1861 Luigi Fagioli
Italien 1861 Tazio Nuvolari 10 Italien 1861 Tazio Nuvolari Maserati 8CM Maserati 3.0L I8 Kompressor
Ungarn 1918 László Hartmann 11 Ungarn 1918 László Hartmann Bugatti T51 Bugatti 2.3L I8 Kompressor
Schweiz Ulrich Maag 12 Schweiz Ulrich Maag Alfa Romeo Monza Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor
Schweiz Hans Ruesch 14 Schweiz Hans Rueschf Maserati 8CM Maserati 3.0L I8 Kompressor
Italien 1861 Guglielmo Sandri RES
Italien 1861 Scuderia Siena 15 Italien 1861 Luigi Soffiettig Alfa Romeo Monza Alfa Romeo 2.6L I8 Kompressor
21 Italien 1861 Giovanni Minozzi
Italien 1861 Gruppo Genovese San Giorgio 16 Italien 1861 Renato Balestrero Alfa Romeo Monza Alfa Romeo 2.6L I8 Kompressor
22 Italien 1861 Attilio Battilana Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor
Italien 1861 Scuderia Ferrari 17 Italien 1861 Achille Varzi Alfa Romeo Tipo B/P3 Alfa Romeo 2.9L I8 Kompressor E
18 Monaco Louis Chiron
19 Dritte Französische Republik Guy Moll
Italien 1861 Officine Alfieri Maserati 20 Italien 1861 Goffredo Zehender Maserati 8C-3000 Maserati 3.0L I8 Kompressor P
a 
Während des Rennens verletzungsbedingt von Burggaller am Steuer abgelöst
b 
Pietsch hatte sich kurz zuvor bei einem Unfall in einem Bergrennen einen Beinbruch zugezogen.
c 
Nach einem Unfall beim inoffiziellen Vortraining verletzungsbedingt nicht angetreten
d 
Wegen Erkrankung nicht angetreten; durch Geier ersetzt
e 
Geier fuhr im Training auch einige Runden auf einem Alfa Romeo Typ „Monza“, den Daimler-Benz für Erprobungszwecke erworben hatte.
f 
Während des Rennens von Sandri am Steuer abgelöst
g 
Während des Rennens von Balestrero am Steuer abgelöst

Startaufstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Startpositionen wurden nicht anhand der Trainingszeiten vergeben, sondern ausgelost.

Italien 1861 Balestrero Vereinigtes Konigreich Hamilton Italien 1861 Minozzi
Monaco Chiron Italien 1861 Nuvolari
NS-Staat Caracciola Italien 1861 Zehender Italien 1861 Battilana
NS-Staat Stuck Schweiz Maag
Italien 1861 Fagioli Ungarn 1918 Hartmann Italien 1861 Varzi
NS-Staat Momberger Dritte Französische Republik Moll
NS-Staat Burggaller Schweiz Rüesch Italien 1861 Soffietti
NS-Staat Geier

Rennergebnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pos. Fahrer Konstrukteur Runden Stopps Zeit Start Schnellste Runde Ausfallgrund
01 NS-Staat Hans Stuck NS-Staat Auto Union 25 4:38:19,200 10 10:43,800
02 Italien 1861 Luigi Fagioli NS-Staat Mercedes-Benz 25 + 2:07,000 13
03 Monaco Louis Chiron Italien 1861 Alfa Romeo 25 + 8:13,600 5
04 Italien 1861 Tazio Nuvolari Italien 1861 Maserati 25 + 16:51,000 4
05 NS-Staat Hanns Geier NS-Staat Mercedes-Benz 25 + 20:46,200 19
Schweiz Ulrich Maag Italien 1861 Alfa Romeo 25 DSQ 9 Fahrzeug zu schwer
06 Italien 1861 Goffredo Zehender Italien 1861 Maserati 25 + 36:25,600 7
07 Ungarn 1918 László Hartmann Italien 1861 Alfa Romeo 23 + 2 Runden 12 abgewunkena
NS-Staat August Momberger
NS-Staat Ernst Günther Burggaller
NS-Staat Auto Union 20 DNF 15 Getriebeschaden
Schweiz Hans Ruesch
Italien 1861 Guglielmo Sandri
Italien 1861 Maserati 18 DNF 17 defekte Benzinpumpe
Italien 1861 Luigi Soffietti
Italien 1861 Renato Balestrero
Italien 1861 Alfa Romeo 14 DNF 16 Achsbruch
NS-Staat Rudolf Caracciola NS-Staat Mercedes-Benz 13 DNF 8 Ventilschaden
Italien 1861 Giovanni Minozzi Italien 1861 Alfa Romeo 10 DNF 1 Getriebeschaden
Algerien Guy Moll Italien 1861 Alfa Romeo 6 DNF 14 Getriebeschaden
Italien 1861 Renato Balestrero Italien 1861 Alfa Romeo 4 DNF 3 Getriebeschaden
Italien 1861 Achille Varzi Italien 1861 Alfa Romeo 4 DNF 11 Getriebeschaden
NS-Staat Ernst Günther Burggaller NS-Staat Auto Union 2 DNF 18 Getriebeschaden
Vereinigtes Konigreich Hugh Caulfield Hamilton Italien 1861 Maserati 2 DNF 2 Ventilschaden
Italien 1861 Attilio Battilana Italien 1861 Alfa Romeo 2 DNF 6 Mechanik
a 
Üblicherweise wurden beim klassischen Grand-Prix-Format Teilnehmer, die die volle Renndistanz nicht innerhalb einer vorgegebenen Zeit nach der Zieldurchfahrt des Siegers zurückgelegt hatten, aus dem Rennen genommen und nicht mehr gewertet. Ob und warum in diesem Fall Dreyfus der sechste Platz zuerkannt wurde, lässt sich anhand der Quellen nicht eindeutig klären.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Großer Preis von Deutschland 1934 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Typenbezeichnung der Auto-Union-Rennwagen wurde von Fachautoren erst nachträglich zur Unterscheidung der einzelnen Modelle eingeführt.
  2. Nick D: 1934 Auto Union Typ A. In: Supercars.net. 22. April 2016, abgerufen am 17. Februar 2023 (amerikanisches Englisch).