Deutsche Zentrumspartei – Wikipedia

Deutsche Zentrumspartei
Logo der Partei
Partei­vorsitzender Christian Otte
General­sekretärin Marina Hübgens
Stell­vertretender Vorsitzender Andreas Erkes
Dirk Horhäuser
Bundes­geschäfts­führer Heiner Bäther
Bundes­schatz­meister Hans-Joachim Woitzik
Ehren­vorsitzender Gerhard Woitzik (†)
Gründung 13. Dezember 1870
Gründungs­ort Berlin
Haupt­sitz Am Alten Bach 18
41470 Neuss[1]
Jugend­organisation Windthorstbund (ehemals); Jugend im Zentrum
Zeitung Germania (ehemals)
Kölnische Volkszeitung (ehemals)
Rhein-Mainische Volkszeitung (ehemals)
Aus­richtung Politischer Katholizismus
Christdemokratie
Konservatismus
Farbe(n) Blau
Bundestagssitze
0/736
Mitglieder­zahl je nach Eigenbeleg
ca. 500 (Stand: Juni 2022)[2] oder
ca. 600 (Stand: Juni 2022)[3]
Mindest­alter 16 Jahre[4]
Europaabgeordnete
0/96
Website www.zentrumspartei.de

Die Deutsche Zentrumspartei (Kurzbezeichnung DZP, früher Z und Zentrum) ist eine deutsche Partei. Ihre größte Bedeutung hatte sie zwischen 1871 und 1933, zur Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik. Sie war die Partei der Katholiken und des politischen Katholizismus im stark protestantisch dominierten Deutschen Reich. Zwischen 1917 und 1932 stellte die Zentrumspartei viermal den Reichskanzler.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Partei wieder gegründet. Auf Grund der Konkurrenz durch die CDU als überkonfessioneller Sammlungspartei konnte sie an frühere Wahlergebnisse nicht mehr anknüpfen. Bis 1957 war sie noch mit wenigen Abgeordneten im Deutschen Bundestag vertreten, bis 1958/59 in den Landtagen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Sie ist seitdem als Kleinpartei aktiv, vor allem aber in der Kommunalpolitik. Durch Übertritte war sie von Januar bis August 2022 wieder im Bundestag, von Juni 2022 bis September 2023 auch im Europäischen Parlament vertreten.

Profil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Zentrum versteht sich als eine christlich, sozial und konservativ orientierte Partei in Deutschland. Die Ziele sind laut übereinstimmender Aussage aller Flügel und Vorstände der Partei, die „freiheitlich-demokratische Grundordnung zu erhalten und auszubauen“, eine weltweite Friedenspolitik zu fördern und ein Europa zu schaffen, das sozial ausgeglichen und als Konföderation eigenständiger Staaten aufgebaut ist, dies alles unter dem Leitsatz „im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“, der der Präambel des Grundgesetzes (GG) entnommen ist.

Die Zentrumspartei versteht sich als Partei, die jegliche radikalen Tendenzen, sowohl von rechts als auch von links, ablehnt. Die Programmatik soll inhaltlich ausgewogen, werteorientiert und differenziert sein. Die Programmatik steht heute auf der Basis des am 4. Oktober 2008 neu beschlossenen Grundsatzprogrammes.[5] Im Gegensatz zu früher sind Mitglieder und Wähler der Partei heute nicht mehr ausschließlich katholisch. Das Zentrum war Mitglied der Europapartei European Christian Political Movement (ECPM).

Die Zentrumspartei spricht sich gegen jede Form des Schwangerschaftsabbruchs aus. Sie hat sich außerhalb ihrer eigentlichen politischen und Wahlkampfarbeit mit der Lebensrechtsbewegung vernetzt[6] und bediente sich dabei unter Verantwortung ihres damaligen Bundesvorsitzenden Woitzik[7] teilweise provozierender Methoden.[8][9] Inzwischen schreibt die Partei auf ihrer Homepage, man halte den „geltenden, rechtlichen Rahmen“ für geeignet und stimme damit überein.[10]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ende 1870 bzw. Anfang 1871 schlossen sich katholische Abgeordnete im Reichstag und im preußischen Abgeordnetenhaus zu Fraktionen mit dem Namen Zentrum zusammen. Die Partei entwickelte sich zur stärksten oder zweitstärksten (erst nach den Liberalen, dann nach den Sozialdemokraten) im Kaiserreich. In der Weimarer Republik war sie eine der republiktragenden Parteien der Weimarer Koalition. Sie stimmte unter Druck dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 zu und löste sich am 5. Juli 1933 auf. Im Jahr 1945 wurde sie wieder gegründet, konnte sich aber gegenüber der konfessionsübergreifenden CDU nicht behaupten.

Im Bundestag war sie von 1949 bis 1957 vertreten, beteiligte sich aber nicht an den christlich-liberal-konservativen Regierungen Adenauers. Landtagsabgeordnete hatte sie in NRW und Niedersachsen (bis 1959). Teilweise war sie auch in den Landesregierungen vertreten. Seitdem ist sie eine Kleinpartei, die nur vereinzelt in kommunale Volksvertretungen gelangen konnte.

Organisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bundesvorstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorsitzender Christian Otte
Stellvertretende Vorsitzende Andreas Erkes
Dirk Horhäuser
Schatzmeister Hans-Joachim Woitzik
Generalsekretärin Marina Hübgens
Geschäftsführer Heiner Bäther
Beisitzer Wolfgang Hübgens

Volker Körlin

Joachim Hügging

Andreas Maherr

Wolfgang Krause

Ferner gehören dem Bundesvorstand der Zentrumspartei laut Satzung auch die Vorsitzenden der einzelnen Landesverbände an.[1]

Landesverbände[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es existieren derzeit vier Landesverbände. Der Landesverband Nordrhein-Westfalen entstand am 10. Mai 2008 durch den Zusammenschluss der beiden Landesverbände Rheinland und Westfalen-Lippe.[11] Außerdem existieren mit Neuss, Düsseldorf und Cloppenburg-Vechta als gemeinsamer Kreisverband[12] insgesamt drei Kreisverbände. Hinzu kommen mehrere Orts- und Stadtverbände in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Andere Landesverbände wie z. B. Bayern, dessen Vertreter 2004 an der Europawahl teilgenommen haben, haben sich inzwischen wieder aufgelöst.[13]

Landesverbände und deren Vorsitzende
Landesverband Vorsitzender[14]
(Stand: 27. März 2024)
Baden-Württemberg vakant
Hessen vakant
Niedersachsen Niedersachsen Sergei Meier
Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen Christian Otte

Mandate[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Europäisches Parlament[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 10. Juni 2022 trat der ehemalige Vorsitzende der Alternative für Deutschland, Jörg Meuthen, der Zentrumspartei bei. Mit ihm war sie erstmals im Europäischen Parlament vertreten.[15] Im September 2023 erklärte Meuthen im Einvernehmen mit dem Parteivorsitzenden wieder seinen Austritt aus der Partei.[16]

Deutscher Bundestag[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Januar bis August 2022 war der aus der AfD ausgetretene Bundestagsabgeordnete Uwe Witt Mitglied der Zentrumspartei, sodass diese erstmals seit 1957 wieder im Bundestag vertreten war.[17][18]

Kommunale Mandate[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Zentrum ist mit je einem Mandat in den Kreistagen des Rhein-Kreises Neuss und des Landkreises Cloppenburg vertreten. In Dormagen[19] hat sie drei sowie in Korschenbroich und in Cloppenburg[20] einen Sitz im Stadtrat. Des Weiteren hat die Partei vier Sitze im Rat der Gemeinde Molbergen.[21] Die Sitze in den Stadträten von Mönchengladbach und Neuss gingen 2014 verloren, die Sitze im Stadtrat von Meerbusch und in Kaarst mit der Wahl 2020. Von 2022 bis 2023 war die Partei mit drei Mandaten, deren Träger für die AfD gewählt wurden,[22] im Rat der Stadt Mönchengladbach vertreten.[23]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans-Georg Aschoff, CDU und Zentrumspartei in Niedersachsen nach 1945, in: Marlis Buchholz/Claus Füllberg Stolberg/Hans-Dieter Schmid (Hrsg.), Nationalsozialismus und Region. Festschrift für Herbert Obernaus zum 65. Geburtstag (Hannoversche Schriften zur Regional- und Lokalgeschichte, Bd. 11), Bielefeld 1996, S. 315–337.
  • Bernhard Fritze, Nachdenkliches über die einstmals einflussreiche Zentrumspartei und meine Zeit als Abgeordneter des Zentrums im Lingener Kreistag, in: Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte (Hrsg.), Emsländische Geschichte 16 (2009), S. 381–401.
  • Markus Göb, Wiedergründung und Entwicklung des Zentrums nach 1945 unter besonderer Berücksichtigung seiner Gruppierungen in den Landtagen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sowie im Bundestag (1946-1958), Düsseldorf 2006.
  • Heinz Kleene, Zur Geschichte der Zentrumspartei im Emsland 1945 bis 1955 – Beispiel einer Sonderentwicklung beim Aufbau demokratischer Strukturen, in: Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte (Hrsg.), Emsländische Geschichte 29 (2022), S. 108–191.
  • Joseph Nietfeld, Die Zentrumspartei. Geschichte und Struktur 1945-1958, Diss. Braunschweig 1985.
  • Ute Schmidt: Die Deutsche Zentrumspartei. In: Richard Stöss (Hrsg.): Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980. Sonderausgabe Bd. 2, Opladen 1986, S. 1192–1242.
  • Ute Schmidt, Zentrum oder CDU: politischer Katholizismus zwischen Tradition und Anpassung (Schriften des Zentralinstituts für Sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, 51), Opladen 1987.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Deutsche Zentrumspartei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Der Bundesvorstand. In: zentrumspartei.de. Abgerufen am 19. April 2021.
  2. Severin Weiland: Meuthens Zentrumspartei darf nicht zur Niedersachsen-Wahl antreten. Spiegel 34/2022, Online vom 19. August 2022
  3. Florian Schillat: Mäßiges Interesse an Meuthen: Ex-AfD-Chef beschert seiner neuen Partei kaum Neumitglieder. In: stern.de. 18. Juni 2022, abgerufen am 20. Juni 2022.
  4. Satzung der Zentrumspartei, Abschnitt 1, § 4@1@2Vorlage:Toter Link/www.zentrumspartei.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 507 kB).
  5. Grundsatzprogramm. In: zentrumspartei.de. Abgerufen am 11. Juni 2022.
  6. Holocaust verharmlost – „Abtreibung macht frei“: Kölner Buchhandlung leistet sich grobe Geschmacklosigkeit. Focus, 19. September 2018
  7. Scheinbare Pizza-Werbung zeigt zerstückelte Embryonen. Süddeutsche Zeitung, 24. November 2017, abgerufen am 15. Oktober 2022
  8. Abtreibungsgegner verteilen ekliges Pizza-Flugblatt in München. In: tz.de. 27. November 2017, abgerufen am 11. Juni 2022.
  9. Rechtliche Schritte vorbehalten. Erzbistum Köln distanziert sich von Anti-Abtreibungsaktion. In: domradio.de. 27. Juni 2018, abgerufen am 29. Juni 2018: „Über einem Foto einer Abtreibungsklinik ist der Schriftzug „Abtreiben macht frei“ zu lesen – in Anlehnung an die Aufschrift „Arbeit macht frei“ über dem Tor des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau.“
  10. Antworten auf typische Beitrittsfragen – Religion, Abtreibung, Wahrung der Parteiwerte. Informationen auf der Homepage der Partei vom 7. Oktober 2022, abgerufen am 15. Oktober 2022
  11. Petra Schiffer: Dormagen: Zentrum will bei Landtagswahl antreten. In: ngz-online.de. 12. Mai 2008, abgerufen am 28. Februar 2015.
  12. Deutsche Zentrumspartei Kreisverband Cloppenburg-Vechta. Abgerufen am 14. November 2018 (Facebook-Seite des Zentrum-Kreisverbands Cloppenburg-Vechta).
  13. Wolf Siegert: Wer die Wahl hat... Day by Day, 13. Juni 2004
  14. Die Landesverbände. 11. Mai 2022, abgerufen am 27. Mai 2022.
  15. Ex-AfD-Chef Meuthen in Zentrumspartei gewechselt. In: zdf.de. Abgerufen am 10. Juni 2022.
  16. Ex-AfD-Chef Jörg Meuthen verlässt Zentrum und räumt Scheitern ein. 8. September 2023, abgerufen am 8. September 2023.
  17. Zentrumspartei erstmals seit 1957 wieder im Bundestag vertreten. In: zeit.de. 18. Januar 2022, abgerufen am 11. Juni 2022.
  18. Tilman Steffen: Meuthen verschärft Krise der Zentrumspartei. Zeit Online, 23. August 2022, abgerufen am 23. August 2022.
  19. Ratswahl – Kommunalwahlen 2020 in der Stadt Dormagen – Gesamtergebnis. Stadt Dormagen, archiviert vom Original; abgerufen am 14. September 2020.
  20. CDU-FDP-Zentrum Gruppe. Stadt Cloppenburg, abgerufen am 22. November 2022.
  21. Bürgermeister / Gemeinderat – Gemeinde Molbergen. Abgerufen am 14. September 2020.
  22. Redaktion: Alle Mitglieder aus AfD-Ratsfraktion ausgetreten – Fortführung als „Zentrumsfraktion“. In: LokalKlick.eu. 30. Juni 2022, abgerufen am 23. August 2022.
  23. Rat der Stadt Mönchengladbach auf der städtischen Website, abgerufen am 9. August 2022