Demokratische Volkspartei Afghanistans – Wikipedia

Demokratische Volkspartei Afghanistans
Partei­vorsitzender Mohammed Nadschibullāh
Gründung 1. Januar 1965
Auflösung 16. April 1992
Haupt­sitz Kabul
Aus­richtung Sozialismus, Kommunismus, Marxismus-Leninismus, Afghanischer Nationalismus
Farbe(n) rot
Mitglieder­zahl 160.000 (in den späten 1980er Jahren)
DVPA-Parteiemblem

Die Demokratische Volkspartei Afghanistans (DVPA) (Persisch: حزب دموکراتیک خلق افغانستان / Hezb-e Demukrātik-e Khalq-e Afghānestān) war eine sich als „nationaldemokratisch“[1] bezeichnende Partei kommunistischer Prägung, die vor allem vor und während der Invasion und Besetzung Afghanistans durch die Sowjetunion aktiv war. Sie war die Einheitspartei der Demokratischen Republik Afghanistan.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor der Machtübernahme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Partei wurde am 1. Januar 1965 unter maßgeblicher Beteiligung von Babrak Karmal, dem späteren Staatspräsidenten, sowie von Nur Muhammad Taraki, einem populären Schriftsteller, gegründet. Der Gründungskongress fand heimlich im Hause Tarakis in Kabul statt, der von den 27 Teilnehmern zum Generalsekretär gewählt wurde. Karmal wurde sein Stellvertreter, außerdem wurde ein Politbüro mit fünf Mitgliedern gebildet.[2] Taraki und Karmal waren in den 1950ern als sowjetische Agenten rekrutiert worden und die Partei erhielt finanzielle Unterstützung von der UdSSR.[3] Die DVPA sah die Sowjetunion als Vorbild für ihre Vorstellung einer sozialistischen Modernisierung Afghanistans.[4]

Die DVPA wurde 1966 verboten und spaltete sich 1967 in zwei, sich oft feindlich gegenüberstehende Flügel, die Khalq- und die Parcham-Fraktion, die jeweils eigene Generalsekretäre und Politbüros hatten. Während die eher gemäßigt-sozialistische Parcham-Fraktion von Politikern wie Karmal und Mohammed Nadschibullah geprägt war, setzte sich zunächst die radikalere, neostalinistische Khalq-Fraktion unter Taraki durch. Nachdem sich beide Fraktionen, nicht zuletzt auf Drängen Moskaus, im Jahre 1977 wieder zur DVPA vereinigten und wenig später der prominente Links-Politiker Mir Akbar Khyber ermordet wurde, drängten die radikaleren Kräfte in der Partei auf einen Umsturz. Am 28. April 1978 gelangte die DVPA durch die Saurrevolution tatsächlich im Land an die Macht und rief die Demokratische Volksrepublik Afghanistan aus.

DVPA-Regierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die DVPA versuchte in Afghanistan umfassende Reformen durchzusetzen, etwa in Fragen der Bildungspolitik, der Frauenrechte und der Modernisierung.[5] Die Reformen waren jedoch schlecht durchdacht und umgesetzt, nahmen auf lokale Gegebenheiten kaum Rücksicht und brachten der Landbevölkerung letztendlich keine Verbesserung ihrer Lebensumstände. Gleichzeitig hatte die DVPA eine geringe politische Basis im Land und versuchte, die Reformen mit Gewalt zu erzwingen.[6] Schon im Juli 1978 brachen Unruhen im Nordosten in der Provinz Nuristan aus, und bis zum Sommer 1979 hatte sich der Konflikt zu einem Bürgerkrieg ausgeweitet.[7][8] Die Sowjets versuchten das afghanische Regime zu einer weniger kompromisslosen Politik bei den Land- und Bildungsreformen zu bewegen, boten dafür höhere militärische Hilfen an und drängten Taraki, seinen Stellvertreter Hafizullah Amin abzusetzen.[9] Nachdem im September 1979 Amin die Macht ergriff und Taraki wenig später ermorden ließ, war dies für Moskau ein Wendepunkt. KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew fühlte sich persönlich brüskiert, und Juri Andropow war nun entschlossen, Amin zu ersetzen.[10][11] Nach einem Treffen Amins mit dem Geschäftsträger der US-Botschaft war Moskau zudem alarmiert, dass Amin eine Neuorientierung zum Westen vornehmen könnte.[12] Die Sowjetunion intervenierte im Dezember 1979 mit eigenen Truppen, liquidierte in der Operation Storm-333 Amin und installierte den gemäßigteren Karmal als Präsidenten.[13] Karmal wurde im Mai 1986 durch Mohammed Nadschibullāh ersetzt.[14]

Sturz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Abzug der Sowjets 1989 verschlechterte sich die Lage der DVPA im Land; Putschversuche der Khalq-Fraktion im Dezember 1989 und im März 1990 (Shahnawaz Tanai) schwächten sie zusätzlich. Im Juni 1990 gab sie aufgrund wachsenden Widerstands ihr Machtmonopol auf und benannte sich in „Vatan-Partei“ (Vaterlandspartei) um[15] und 1992 wurde Nadschibullah aus seinem Amt gedrängt. Seither ist die Rolle der Kommunisten in Afghanistan, die durch die Kooperation mit den Sowjets als diskreditiert galten, nur noch marginal. Sie verschwanden vollends von der politischen Bühne mit dem Einmarsch der Taliban in Kabul, die Nadschibullah 1996 öffentlich hängen ließen.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Anthony Arnold: Afghanistan’s Two-Party Communism. Parcham and Khalq (= Hoover Press Publication. Bd. 279). Hoover Institution Press, Stanford University, Stanford CA 1983, ISBN 0-8179-7792-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: People's Democratic Party of Afghanistan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. „Wir müssen die Rachsucht begraben“. In: Der Spiegel. Nr. 38, 1991, S. 224 (online).
  2. Anthony Arnold: Afghanistan’s Two-Party Communism. Parcham and Khalq. Hoover Institution Press, Stanford 1983, ISBN 0-8179-7792-9, S. 25 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Christopher Andrew, Vasili Mitrokhin: The Mitrokhin Archive II. The KGB and the World. Penguin Books, London 2006, ISBN 978-0-14-197798-0, S. 386–388 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Elisabeth Leake: Afghan Crucible. The Soviet Invasion and the Making of Modern Afghanistan. Oxford University Press, New York 2022, ISBN 978-0-19-884601-7, S. 15 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Conrad Schetter: Kleine Geschichte Afghanistans. 4. Auflage. C.H.Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-71378-1, S. 97 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Barnett R. Rubin: The Fragmentation of Afghanistan. State Formation and Collapse in the International System. 2. Auflage. Yale University Press, New Haven 2002, ISBN 978-0-300-09519-7, S. 118–121 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Olivier Roy: Islam and Resistance in Afghanistan. Cambridge University Press, New York 1990, ISBN 978-0-521-39700-1, S. 99 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Odd Arne Westad: The Global Cold War. Third World Interventions and the Making of Our Times. Cambridge University Press, New York 2007, ISBN 978-0-521-70314-7, S. 310 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Odd Arne Westad: The Global Cold War. New York 2007, S. 312 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Rodric Braithwaite: Afgantsy. The Russians in Afghanistan 1979–1989. Oxford University Press, New York 2011, ISBN 978-0-19-983265-1, S. 68–74 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Odd Arne Westad: The Global Cold War. New York 2007, S. 316.
  12. Tom Blanton, Svetlana Savranskaya: The Soviet Invasion of Afghanistan, 1979: Not Trump’s Terrorists, Nor Zbig’s Warm Water Ports. National Security Archive, 29. Januar 2019, abgerufen am 1. Januar 2021 (englisch).
  13. William Maley: The Afghanistan Wars. 3. Auflage. Red Globe Press, London 2021, ISBN 978-1-352-01100-5, S. 29–31 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. William Maley: The Afghanistan Wars. Red Globe Press, London 2021, ISBN 978-1-352-01100-5, S. 87 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  15. William Maley: The Afghanistan Wars. Red Globe Press, London 2021, ISBN 978-1-352-01100-5, S. 138 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).