Balzan-Preis – Wikipedia

Die Verleihung des Balzan-Preises 2017 in Bern
Der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella übergibt den Balzan-Preis 2016 an Federico Capasso

Der Balzan-Preis ist eine seit 1961 von der Internationalen Balzan-Stiftung vergebene Auszeichnung zur Ehrung von herausragenden Wissenschaftlern aus den Geistes- und Naturwissenschaften sowie Persönlichkeiten im Bereich Kunst und Kultur.

Die Stiftung mit Sitz in Mailand trägt den Namen des italienischen Journalisten Eugenio Balzan (1874 bis 1953). Seine Tochter Angela Balzan gründete die Stiftung 1957[1] im schweizerischen Lugano aus dem Erbe ihres Vaters.

Balzan arbeitete anfänglich als Journalist beim Corriere della Sera und wurde dann dessen Geschäftsführer und Miteigentümer. 1933 verließ er Italien als Widerstand gegen faschistische Kreise, welche die Unabhängigkeit des Corriere bedrohten. Bis zu seinem Tod 1953 lebte Eugenio Balzan in der Schweiz.

1961 war die Nobelstiftung der erste Empfänger des Balzan-Preises. Seit 1979 werden jährlich vier Wissenschaftspreise verliehen. Alle drei bis fünf Jahre wird außerdem ein mit 1 Million Fr. (Stand 2021 etwa 920.000 Euro) ausgestatteter Balzan-Preis für Frieden, Humanität und Brüderlichkeit unter den Völkern vergeben. Der erste Balzan-Friedenspreis ging 1978 an Mutter Teresa, die im folgenden Jahr den Friedensnobelpreis erhielt.

Die Preisträger sowie die Fachgebiete der Preise werden von einem internationalen Komitee bestimmt, dem zurzeit 19 renommierte Natur- und Geisteswissenschaftler angehören. Im Jahr 2010 wurden Balzan-Preise in folgenden Sparten vergeben: in der Geschichte des Theaters in all seinen Ausdrucksformen, in der Geschichte Europas (1400–1700), in der reinen oder angewandten Mathematik sowie in der Biologie und den potenziellen Anwendungen von Stammzellen.

Die Verleihung der Preise erfolgt in jährlichem Wechsel in der Accademia Nazionale dei Lincei in Rom sowie im schweizerischen Parlament in Bern. Das Stiftungsvermögen wird in Zürich/Schweiz verwaltet.

Der Preis gehört dank seiner wissenschaftlichen Seriosität und der Höhe der Preissumme – jeder Preis ist mit 750.000 Schweizer Franken dotiert – zu den bedeutendsten wissenschaftlichen Auszeichnungen weltweit. Im Unterschied zu anderen internationalen Preisen wird der Balzan-Preis in jährlich wechselnden Fachbereichen verliehen.

  • Anzahl Preise: jährlich vier
  • Preissummen: je 750.000 Schweizer Franken; alle 3 bis 7 Jahre ein Friedenspreis à 1 Million Schweizer Franken.
  • Preisgebiete: zwei im Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften sowie Kunst; zwei im Bereich Naturwissenschaften, Physik, Mathematik und Medizin.
  • Nachwuchsförderung: Seit 2001 müssen die Preisträger die Hälfte der Preissumme Forschungsprojekten von Nachwuchswissenschaftlern in ihrem Fachgebiet zukommen lassen.

Preisträger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Laureat Kategorie
1961 Nobelstiftung (SE) Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
1962 Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow (SU) Mathematik
Karl von Frisch (AT) Biologie
Johannes XXIII. (IT) Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
Paul Hindemith (DE) Musik
Samuel Eliot Morison (USA) Geschichte
1978 Mutter Teresa (IN) Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
1979 Ernest Labrousse (FR) Geschichte
Giuseppe Tucci (IT)
Jean Piaget (CH) Sozial- und politische Wissenschaften
Torbjörn Caspersson (SE) Biologie
1980 Enrico Bombieri (IT) Mathematik
Hassan Fathy (EG) Architektur und Stadtplanung
Jorge Luis Borges (AR) Philologie, Linguistik und Literaturkritik
1981 Dan McKenzie (GB) Geologie und Geophysik
Drummond Hoyle Matthews (GB)
Frederick Vine (GB)
Josef Pieper (DE) Philosophie
Paul Reuter (FR) Internationales öffentliches Recht
1982 Jean-Baptiste Duroselle (FR) Sozialwissenschaften
Kenneth Vivian Thimann (GB/USA) Reine und angewandte Botanik
Massimo Pallottino (IT) Altertumswissenschaften
1983 Edward Shils (USA) Soziologie
Ernst Mayr (DE/USA) Zoologie
Francesco Gabrieli (IT) Orientalistik
1984 Jan Hendrik Oort (NL) Astrophysik
Jean Starobinski (CH) Literaturgeschichte und -kritik
Sewall Wright (USA) Genetik
1985 Ernst Gombrich (AT/GB) Kunstgeschichte des Abendlandes
Jean-Pierre Serre (FR) Mathematik
1986 Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
Jean Rivero (FR) Grundrechte der Persönlichkeit
Otto Neugebauer (AT/USA) Wissenschaftsgeschichte
Roger Revelle (USA) Ozeanographie/Klimatologie
1987 Jerome Bruner (USA) Humanpsychologie
Phillip Tobias (ZA) Physische Anthropologie
Richard W. Southern (GB) Geschichte des Mittelalters
1988 Michael Evenari (IL) Angewandte Botanik (einschl. ökologische Aspekte)
Otto Ludwig Lange (DE)
René Etiemble (FR) Vergleichende Literatur
Shmuel N. Eisenstadt (IL) Soziologie
1989 Emmanuel Levinas (FR/LT) Philosophie
Leo Pardi (IT) Ethologie
Martin Rees (GB) Hochenergie-Astrophysik
1990 J. Freeman Gilbert (USA) Geophysik (feste Erde)
Pierre Lalive d’Epinay (CH) Internationales Privatrecht
Walter Burkert (DE) Altertumswissenschaften
1991 Abbé Pierre (FR) Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
György Ligeti (HU/AT) Musik
John Maynard Smith (GB) Genetik und Evolution
Vitorino Magalhães Godinho (PT) Geschichte: Aufstieg Europas im 15. und 16. Jahrhundert
1992 Armand Borel (CH) Mathematik
Ebrahim M. Samba (GM) Präventivmedizin
Giovanni Macchia (IT) Literaturgeschichte und -kritik
1993 Jean Leclant (FR) Kunst und Archäologie des Altertums
Lothar Gall (DE) Geschichte: Gesellschaften des 19. und 20. Jh.
Wolfgang H. Berger (DE/USA) Paläontologie mit besonderer Berücksichtigung der ozeanographischen Aspekte
1994 Fred Hoyle (GB) Astrophysik (Evolution der Sterne)
Martin Schwarzschild (DE/USA)
Norberto Bobbio (IT) Rechtswissenschaft und Politik (Regierbarkeit der Demokratien)
René Couteaux (FR) Biologie (Struktur der Zelle, mit besonderer Berücksichtigung des Nervensystems)
1995 Alan J. Heeger (USA) Materialwissenschaften
Carlo M. Cipolla (IT) Wirtschaftsgeschichte
Yves Bonnefoy (FR) Geschichte und Kritik der Schönen Künste in Europa (vom Mittelalter bis zu den heutigen Tagen)
1996 Arno Borst (DE) Geschichte: Kultur des Mittelalters
Arnt Eliassen (NO) Meteorologie
Internationales Komitee vom Roten Kreuz Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
Stanley Hoffmann (AT/USA/FR) Politische Wissenschaften: Aktuelle internationale Beziehungen
1997 Charles Gillispie (USA) Wissenschaftsgeschichte und -philosophie
Stanley Jeyaraja Tambiah (LK/USA) Sozialwissenschaften: Sozialanthropologie
Thomas Wilson Meade (GB) Epidemiologie
1998 Andrzej Walicki (PL/USA) Geschichte: Kultur- und Sozialgeschichte der slawischen Welt von Katharina der Großen bis zu den russischen Revolutionen des Jahres 1917
Harmon Craig (USA) Geochemie
Robert May (GB/AU) Biodiversität
1999 John Huxtable Elliott (GB) Geschichte vom 16. bis 18. Jahrhundert
Luigi Luca Cavalli-Sforza (IT/USA) Naturwissenschaftliche Erforschung der Herkunft des Menschen
Michail Gromow (RU/FR) Mathematik
Paul Ricœur (FR) Philosophie
2000 Abdul Sattar Edhi (PK) Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
Ilkka Hanski (FI) Umweltwissenschaften
Martin Litchfield West (GB) Klassische Altertumskunde
Michael Stolleis (DE) Rechtsgeschichte der Neuzeit
Michel Mayor (CH) Instrumentation und Techniken in Astronomie und Astrophysik
2001 Claude Lorius (FR) Klimatologie
James Sloss Ackerman (USA) Geschichte der Architektur (einschließlich Urbanistik und Landschaftsdesign)
Jean-Pierre Changeux (FR) Kognitive Neurowissenschaften
Marc Fumaroli (FR) Literaturgeschichte und -kritik ab 1500
2002 Anthony Grafton (USA) Geschichte der Geisteswissenschaften
Dominique Schnapper (FR) Soziologie
Walter Gehring (CH) Entwicklungsbiologie
Xavier Le Pichon (FR) Geologie
2003 Eric Hobsbawm (GB) Europäische Geschichte seit 1900
Reinhard Genzel (DE) Infrarot-Astronomie
Serge Moscovici (FR) Sozialpsychologie
Wen-Hsiung Li (TW/USA) Genetik und Evolution
2004 Colin Renfrew (GB) Prähistorische Archäologie
Gemeinschaft Sant’Egidio (IT) Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
Michael Marmot (GB) Epidemiologie
Nikki R. Keddie (USA) Die islamische Welt ab Ende des 19. bis Ende des 20. Jahrhunderts
Pierre Deligne (BE) Mathematik
2005 Lothar Ledderose (DE) Kunstgeschichte Asiens
Peter Hall (GB) Sozial- und Kulturgeschichte der Stadt seit Anfang des 16. Jahrhunderts
Peter Raymond Grant (GB) Populationsbiologie
Barbara Rosemary Grant (GB)
Russell J. Hemley (USA) Mineralphysik
Ho-kwang Mao (USA/China)
2006 Ludwig Finscher (DE) Geschichte der abendländischen Musik seit 1600
Quentin Skinner (GB) Geschichte und Theorie des politischen Denkens
Paolo de Bernardis (IT) Beobachtende Astronomie und Astrophysik
Andrew E. Lange (USA)
Elliot Meyerowitz (USA) Molekulargenetik der Pflanzen
Christopher R. Somerville (USA)
2007 Rosalyn Higgins (GB) Völkerrecht seit 1945
Sumio Iijima (JP) Nanowissenschaften
Michel Zink (FR) Europäische Literatur (1000–1500)
Jules Hoffmann (FR) Angeborene Immunität
Bruce Beutler (USA)
Karlheinz Böhm (AT) Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
2008 Maurizio Calvesi (IT) Geschichte der Bildenden Künste ab 1700
Thomas Nagel (USA) Praktische Philosophie
Ian H. Frazer (AUS) Präventivmedizin, einschließlich Impfung
Wallace Broecker (US) Klimawissenschaft: Klimawechsel
2009 Terence Cave (GB) Literatur seit 1500
Michael Grätzel (DE/CH) Materialwissenschaften
Brenda Milner (GB/CAN) Kognitive Neurowissenschaften
Paolo Rossi Monti (IT) Wissenschaftsgeschichte
2010 Manfred Brauneck (DE) Geschichte des Theaters in all seinen Ausdrucksformen
Carlo Ginzburg (IT) Geschichte Europas (1400–1700)
Jacob Palis (BRA) Reine oder Angewandte Mathematik
Shin’ya Yamanaka (JP) Biologie und potenzielle Anwendungen von Stammzellen
2011 Peter Brown (IRL) Geschichte des griechisch-römischen Altertums
Bronisław Baczko (PL) Die Zeit der Aufklärung
Russell Scott Lande (USA) Theoretische Biologie oder Bioinformatik
Joseph Silk (GB/USA) Das frühe Universum (von der Planckzeit zu den ersten Galaxien)
2012 Ronald Dworkin (USA) Theorie und Philosophie des Rechts
Reinhard Strohm (DE) Musikwissenschaft
Kurt Lambeck (AUS) Wissenschaften der festen Erde, unter besonderer Berücksichtigung interdisziplinärer Forschungsbeiträge
David Baulcombe (GB) Epigenetik
2013 Alain Aspect (FR) Quantenmechanik
Manuel Castells (E) Soziologie moderne Kommunikationstechnologien
Pascale Cossart (FR) Molekularbiologie pathogener Bakterien
André Vauchez (FR) Geschichte des Mittelalters
2014 Mario Torelli (IT) klassische Archäologie
Ian Hacking (CND) Epistemologie und Erkenntnistheorie
David Tilman (USA) Grundlegende und/oder angewandte Ökologie der Pflanzen
Dennis Sullivan (USA) Mathematik
Vivre en Famille (FR) Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
2015 Hans Belting (DE) Geschichte der europäischen Kunst (1300–1700)
Joel Mokyr (USA) Wirtschaftsgeschichte
Francis Halzen (USA) Astroteilchenphysik einschließlich der Beobachtung von Neutrinos und Gammastrahlen
David M. Karl (USA) Ozeanographie
2016 Piero Boitani (IT) Vergleichende Literaturwissenschaft
Reinhard Jahn (DE) Molekulare und zelluläre Neurowissenschaften, einschließlich Aspekte der Entwicklung und Degeneration
Federico Capasso (IT) Angewandte Photonik
Robert O. Keohane (USA) Internationale Beziehungen: Geschichte und Theorie
2017 Aleida Assmann (DE) und Jan Assmann (DE) Kollektives Gedächtnis
Bina Agarwal (IND/GB) Gender Studies
Robert D. Schreiber (USA) und James P. Allison (USA) Immunologische Ansätze in der Krebstherapie
Michaël Gillon (BEL) Die Planeten des Sonnensystems und die Exoplaneten
2018 Eva Kondorosi (HUN/FR) Chemische Ökologie
Detlef Lohse (DE) Fluiddynamik
Jürgen Osterhammel (DE) Globalgeschichte
Marilyn Strathern (GB) Sozialanthropologie
Stiftung terre des hommes – Kinderhilfe weltweit (CH) Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
2019 Jacques Aumont (FR) Filmwissenschaft
Michael Cook (GB) Islamwissenschaft
Luigi Ambrosio (IT) Theorie der partiellen Differentialgleichungen
Erika von Mutius, Klaus Rabe, Werner Seeger und Tobias Welte (alle DE) Pathophysiologie der Atmung: von der Grundlagenforschung zum Krankenbett
2020 Susan Trumbore (USA/DE) Dynamik des Systems Erde
Joan Martínez Alier (ES) Umweltprobleme: Antworten aus den Geistes- und Sozialwissenschaften
Jean-Marie Tarascon (FR) Umweltprobleme: Materialwissenschaften für erneuerbare Energie
Antônio Augusto Cançado Trindade (BR) Menschenrechte
2021 Saul Friedländer (FR/IL) Holocaust- und Genozidforschung
Jeffrey Gordon (USA) Begründung der Forschungsrichtung ‚Mikrobiom‘ beim Menschen und das grundlegend neue Verständnis seiner Rolle für Gesundheit, Krankheit und Ernährungsstatus
Alessandra Buonanno (IT/USA) und Thibault Damour (FR) Gravitation: Physikalische und astrophysikalische Aspekte
Giorgio Buccellati (IT) und Marilyn Kelly-Buccellati (IT/USA) Vorderasiatische Kunst und Archäologie
2022 Robert Langer (USA) Biomaterialien für die Nanomedizin und die Gewebetechnik
Dorthe Dahl-Jensen (DK) und Hans Oerlemans (NL) Vereisung und Dynamik der Eisschicht
Martha Nussbaum (USA) Moralphilosophie
Philip Bohlman (USA) Ethnomusikologie
2023 David Damrosch (USA) Weltliteratur
Jean-Jacques Hublin (Frankreich) Evolution der Menschheit: Paläoanthropologie
Eske Willerslev (Dänemark) Evolution der Menschheit: antike DNA und Evolution der Menschheit
Heino Falcke (Deutschland) Hochauflösende Bilder von planetarischen Körpern bis zu kosmischen Objekten
Fondazione Francesca Rava (Italien) Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Balzan Prize – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 18. September 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.balzan.org