Auguste Adenauer – Wikipedia

Auguste Amalie Julie Adenauer, geborene Zinsser; kurz Gussie Adenauer (* 7. Dezember 1895 in Köln; † 3. März 1948 in Bonn) war die zweite Ehefrau Konrad Adenauers.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auguste Zinsser wurde 1895 als älteste Tochter von Wilhelmine Zinsser, geb. Tourelle (1870–1952) und des Dermatologen, Hochschulprofessors und späteren Rektors der Universität zu Köln, Ferdinand Zinsser (1865–1952) in Köln geboren. Nach der Schulausbildung erhielt sie eine künstlerische und musische Ausbildung. Im Jahr 1911 bezog Konrad Adenauer mit seiner ersten Ehefrau Emma die Villa in der Max-Bruch-Straße 6 in Köln-Lindenthal. Die beiden Familien führten in der Folgezeit ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis.

Gussie und Konrad Adenauer im Garten der Villa Max-Bruch-Straße 4–6 in Köln-Lindenthal
Adenauer-Haus in Rhöndorf

Im Oktober 1916 verstarb Emma Adenauer im Alter von 36 Jahren und hinterließ drei minderjährige Kinder. Den Witwer Konrad Adenauer belastete nach eigenen Aussagen der Verlust seiner Ehefrau und die Sorge um die Erziehung seiner Kinder in der folgenden Zeit schwer.[1] Elf Monate nach dem Tod seiner Frau wählte die Kölner Stadtverordnetenversammlung Konrad Adenauer am 18. September 1917 zum Oberbürgermeister von Köln. Über gemeinsame Interessen lernten sich Auguste Zinsser und Konrad Adenauer näher kennen. Nachdem sie zum katholischen Glauben konvertiert war, heiratete das Paar am 25. September 1919 in Köln.

Aus der Ehe gingen in den folgenden Jahren fünf Kinder hervor: Ferdinand (1920–1920), Paul (1923–2007), Charlotte (Lotte, 1925–2018), Elisabeth (Libet, 1928–2019) und Georg (1931–2020). Der älteste Sohn Ferdinand verstarb am 8. Juni 1920 vier Tage nach der Geburt.[2] Maria Weyer, die Schwester Emma Weyers, unterstützte Auguste – genannt Gussie – Adenauer bei der Erziehung der Kinder.[3] In den 1920er Jahren begleitete Auguste Adenauer ihren Mann bei offiziellen Anlässen und engagierte sich als Bezirksvorsitzende im Katholischen Deutschen Frauenbund.

Ab 1929 war sie Mitglied des geschäftsführenden Arbeitsausschusses des Frauenbeirats der Kölner Zentrumspartei. In der Folgezeit unterstützte sie soziale und künstlerische Vereine und Organisationen wie die Katholische Vereinigung für Kinder- und Jugendhilfe. Sie gehörte mit Alice Neven DuMont, Margarete Tietz, Nina Andreae, Dora Pferdmenges, Margarete Zanders, Edith von Schröder und Flossy von Oppenheim zu den Unterstützerinnen und Gründungsmitgliedern des Kölner Frauenkunstvereines Gedok, der von Ida Dehmel begründet wurde und in dem Frauen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten organisiert waren.[4][5]

Ende Februar 1933 unterschrieb sie mit fünf weiteren Frauen einen Wahlaufruf der Zentrumspartei zur Kommunalwahl am 12. März 1933, der sich gegen die Radikalisierung des deutschen Volkes, gegen den Hass und den Straßenterror aussprach.

Nachdem Konrad Adenauer von den Nationalsozialisten am 13. März 1933 als Oberbürgermeister von Köln abgesetzt worden war, tauchte er unter, um der drohenden Verhaftung zu entgehen. Gussie blieb zunächst mit den sieben Kindern in Köln. Als die Nationalsozialisten ihr Haus beschlagnahmten, zog sie mit den Kindern in das Krankenhaus St. Elisabeth Hohenlind.[6] Sie folgte am 1. Mai 1934 ihrem Ehemann nach Neubabelsberg[7] und zog 1935 mit ihm nach Rhöndorf, nachdem 1934 seine Eingabe an das Reichsministerium des Innern unter Wilhelm Frick auf Anstellung abgelehnt worden war. In Rhöndorf baute Augustes Bruder, der Architekt Ernst Zinsser, ein Eigenheim, das die Familie Adenauer 1937 beziehen konnte. Die Familie lebte vom Verkaufserlös des Kölner Stadthauses und von der gekürzten Pension Konrad Adenauers.

Grabstätte der Familie Adenauer auf dem Waldfriedhof in Rhöndorf

Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 wurde Konrad Adenauer im Rahmen der Aktion Gitter am 23. August 1944 verhaftet und im Messelager Köln in Deutz inhaftiert. Während eines Krankenhausaufenthaltes in Köln-Hohenlind konnte er mit Hilfe von Helfern fliehen und im Westerwald untertauchen. Gussie Adenauer wurde in Rhöndorf verhaftet und in der Kölner Gestapozentrale EL-DE-Haus vom Leiter des Sonderkommandos der Aktion Gitter für den Kölner Gestapobereich, Kurt Bethke, verhört. Unter dem Druck der Verhöre und Misshandlungen[8] verriet sie am 24. September 1944 den Aufenthaltsort Konrad Adenauers und die Namen seiner Fluchthelfer Fritz und Klaus Schliebusch. Beide Fluchthelfer wurden von der Gestapo inhaftiert und starben im März 1945 an den Folgen von Erkrankungen, die sie sich während der Haft zugezogen hatten.[9] Anschließend wurde sie im Frauengefängnis in der Abtei Brauweiler inhaftiert.[10] Konrad Adenauer wurde am frühen Morgen des 25. September 1944 verhaftet und ebenfalls nach Brauweiler gebracht. Aus Verzweiflung über ihren Verrat unternahm Gussie Adenauer in Brauweiler einen Suizidversuch, der eine dauerhafte Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zur Folge hatte. Sie wurde am 3. Oktober 1944 aus dem Gefängnis in Brauweiler entlassen. Durch die erfolgreiche Intervention von Max Adenauer wurde auch sein Vater Konrad am 26. November 1944 aus der Haft entlassen und kehrte nach Rhöndorf zurück.[11]

Auguste Adenauer starb am 3. März 1948 in Bonn im Alter von 52 Jahren an den Spätfolgen des Suizidversuches von 1944.[7][12] Sie wurde auf dem Waldfriedhof in Rhöndorf beigesetzt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans Peter Mensing: Emma, Gussie und Konrad Adenauer. Mit den Töchtern Ria Reiners, Lotte Multhaupt und Libet Werhahn, in: Dieter Zimmer (Hrsg.): Deutschlands First Ladies. Die Frauen der Bundespräsidenten und Bundeskanzler von 1949 bis heute, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1998, ISBN 3-421-05125-9, S. 33–62.
  • Libet Werhahn: Im Wechselbad der Geschichte – Gussie Adenauer, in: Marlene Zinken (Hrsg.): Der unverstellte Blick. Unsere Mütter, (aus)gezeichnet durch die Zeit 1938 bis 1958, Budrich, Opladen 2007, ISBN 978-3-86649-136-6, S. 80–89.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Konrad Adenauer 1917–1933. Dokumente aus den Kölner Jahren. In: Günther Schulz / Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.): Dokumente und Darstellungen zur Geschichte der rheinischen Provinzialverwaltung und des Landschaftsverbandes Rheinland. Band 15. SH-Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-89498-161-7, S. 27.
  2. Paul Adenauer: Konrad Adenauer – Der Vater, die Macht und das Erbe: Das Tagebuch des Monsignore Paul Adenauer 1961–1966. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2017, ISBN 978-3-657-78853-8, S. 26.
  3. Konrad Adenauer: Konrad der Große – Über meinen Großvater. In: Rita Wagner, Kölnisches Stadtarchiv (Hrsg.): Konrad der Große – Die Adenauerzeit in Köln 1917–1933. Begleitband zur Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum. Nünnerich – Asmus, Mainz 2017, ISBN 978-3-96176-006-0, S. 23 f.
  4. Irene Franken: Gussie Adenauer – Die Frau an seiner Seite. In: Rita Wagner, Kölnisches Stadtmuseum (Hrsg.): Konrad der Große – Die Adenauerzeit in Köln 1917–1933. Nünnerich-Asmus, Mainz 2017, ISBN 978-3-96176-006-0, S. 25–27.
  5. Irene Franken: Frauen in Köln. In: Der historische Stadtführer. J.P. Bachem, Köln 2008, ISBN 978-3-7616-2029-8, S. 186–190.
  6. Paul Adenauer: Konrad Adenauer – Der Vater, die Macht und das Erbe: Das Tagebuch des Monsignore Paul Adenauer 1961–1966. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2017, ISBN 978-3-657-78853-8, S. 23.
  7. a b Adenauer, Gussie :: Konrad Adenauer. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. Juli 2017; abgerufen am 2. Juli 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.konrad-adenauer.de
  8. Michael Fuchs: NS-Dokumentationszentrum: Ausstellung beleuchtet Historie des EL-DE-Hauses. In: Kölnische Rundschau. 31. Januar 2013 (rundschau-online.de [abgerufen am 2. Juli 2017]).
  9. Werner Biermann: Konrad Adenauer: Ein Jahrhundertleben, Rowohlt Verlag, 2017[1]
  10. P. Führer: Gedenkbuch Brauweiler - LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler. Abgerufen am 2. Juli 2017.
  11. Hermann Daners, Josef Wißkirchen: Was in Brauweiler geschah – Die NS-Zeit und ihre Folgen in der Rheinischen Provinzial-Arbeitsanstalt. In: Landschaftsverband Rheinland / Verein für Geschichte e.V. Pulheim (Hrsg.): Dokumente und Darstellung zur Geschichte der rheinischen Provinazialverwaltung und des Landschaftsverbandes Rheinland. Band 16. Pulheim 2006, ISBN 3-927765-39-2, S. 93–95.
  12. TV-Dokumentation: Wie Konrad Adenauer sich auf den Tod vorbereitete - WELT. Abgerufen am 2. Juli 2017.